Sie ist eine der wenigen protestantischen Kirchenbauten, die Eigen-
art haben. Die Anlage ist, dem Streben der Zeit in den protestanti-
schen Ländern entsprechend, sehr programmatisch: in der Haupt-
achse des strengen Zentralbaues liegen Kanzel, Altar und darüber
die Orgel eng beieinander. Diese Gruppe ist zu einer reich gestuften,
barocken Anlage geworden. Die in Stockwerken rangartig angeord-
neten Emporen lassen dann aber einen bedeutenden Gesamtein-
druck im Innern nicht aufkommen. Draußen wirkt der auf be-
schränktem Bauplatz errichtete Zentralbau mit der riesigen Stein-
kuppel zwar monumental, doch ist es eine merkwürdig kühle und
spröde Monumentalität. Der Fleiß, die Mühe sind zu deutlich sicht-
bar. Es ist viel Charakter in dem Bauwerk; doch verträgt das Ba-
rock eigentlich nicht so viel Charakterstrenge. Am schönsten ist der
Unterbau mit den reichen Pilasterstellungen und den hohen Bogen-
fenstern. Die Abschlußhaube der Kuppel ist nicht von Bähr, der
im Jahre 1738 vor der Vollendung starb; sie ist von seinem Schü-
ler Johann Georg Schmidt. Sie paßt nicht recht, sie erscheint
zu hoch und zu schlank. Schmidt befürchtete, daß die damals viel
bewunderte aber auch vielfach angefeindete Steinkuppel Bährs eine
schwere Last nicht tragen könne, benutzte darum leichtes Material
und verfehlte infolgedessen das ästhetisch Notwendige.
Hier steht der Barock immerhin im Dienste auch des protestanti-
schen Kirchenbaues. Fast nur hier. Denn neben Bähr kommt als
protestantischer Barockmeister eigentlich nur noch Ernst Georg
Sonnin (1713-1794), der Erbauer der im Anfang des zwanzig-
sten Jahrhunderts abgebrannten und wiederaufgebauten Hamburger
St. Michaeliskirche und einiger kleinerer Zentralkirchen in der
Umgebung Hamburgs ernsthaft in Frage.
JOHANN BERNHARD FISCHER VON ERLACH
UND LUKAS VON HILDEBRANDT
Zu einer hohen Schule des Barocks für ganz Deutschland ist Wien
geworden. Dort regte sich zuerst ein neuer Bauwille, nachdem der
Dreißigjährige Krieg überwunden war und die Gegenreformation
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