Full text: Deutsche Baumeister

Mainz. Doch ist der Gesamteindruck ganz anders. Im Innern ist der 
Mainzer Dom herber, dunkler und archaisch wuchtiger. Entfernt 
erinnern die Wölbungen an St. Patroclus in Soest. Die Abmessungen 
sind groß, die Formen sind zwingend. Doch fehlt der Anlage das 
heiter Festliche des Domes in Speyer, trotz der wirkungsvoll erhöhten 
Chöre. Auch hier hatdas Künstlertemperament Heinrichs des Vierten 
die Hand im Spiel gehabt; auch hier handelt es sich um ein Werk 
des Übergangs und der bedeutend schon entwickelten Wölbungs- 
kunst, und auch hier zeugt ein Kuppelbau für die rheinische Nei- 
gung zur Zentralanlage. Die Wirkung der Innenarchitektur kann 
rein genossen werden, weil die Kirche wohl viele eingebaute Grab- 
male; zum Teil höchster Qualität, enthält, durch sichtbare Restau- 
rierungen aber weniger verdorben ist. Draußen ist der Dom so eng 
umbaut, daß in der Nähe nur die Ostfront in Erscheinung tritt; erst 
aus der Entfernung, vom Rhein her, kann der mächtige Bau als ein 
Ganzes gefühlt werden. Die Westtürme — es dominiert der Haupt- 
turm über der Vierung, der die Kuppel umschließt — sind in spä- 
teren Jahrhunderten eigenwillig vollendet worden; sie erscheinen 
durch das Nebeneinander fremdartiger Stilformen pittoresk. Der 
rote Mainsandstein vollendet die malerische Wirkung. 
Zu den Domen, die symbolisch geworden sind, gehört auch der 
in Limburg. Der siebentürmige Bau — zwei sehr körperhafte sechs- 
geschossige Westtürme, ein Vierungsturm und vier schlanke, die 
Querschiffe flankierende Ecktürme im Osten — ist im Äußern wie 
im Innern eine der repräsentativsten Schöpfungen der reifen, mit 
den Zierformen des Stils überschwänglich fast spielenden Romanik. 
Die Hauptwirkung aber geht von der Lage aus. Der Bauplatz neben 
der alten Burg auf einem steilen Felsen unmittelbar an der Lahn ist 
kühn gewählt und genial ausgenutzt. Das Gebäude wächst im glei- 
chen Material aus dem Unterbau des Felsens heraus; wodurch der 
Vertikaldrang so gesteigert erscheint, daß eine fast legendäre Stim- 
mung entsteht. Natur und Kunst greifen hier einmal so ineinander, 
daß die Baukunst der Welt nicht viele Überraschungen von dieser 
nachhaltigen Größe zu bieten hat. Das Innere der Kirche ist eine 
schöne Variation der Kathedrale von Laon. Die Leistung wird da- 
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