diger sein als dieses Bauwerk; doch steht die Anmut der Form an einer
Grenze. Denn hier ist kaum noch tektonisch gefügt worden ; das Ganze scheint
aus der Masse frei modelliert zu sein. Das Portal mit seiner überschweng-
lichen Kurvatur, seinen verzückten Heiligen und selig geschweiften For-
men hat etwas Berauschendes; doch steht die Art der Formbehandlung dem
Kunstgewerblichen nicht mehr fern.
Rechnet man, wie es geschehen muß, den Prager Barock dem Öster-
reichischen zu — zwei Brüder Dientzenhofer begannen dort eine ruhm-
reiche Laufbahn —, und bezieht man auch das vor dem Siebenjährigen
Krieg noch österreichische Schlesien ein — die Zeit hat dort so volltönende
Werke wie die Universitätskirche in Breslau und die edel bewegte Form
der Klosterkirche in Grüßau*’ hervorgebracht —, so kann der Umfang der
Wiener Schule ermessen werden. Keine Beschreibung, kein geschichtlicher
Hinweis aber kann eine genügende Vorstellung geben von der Fülle schö-
ner Sakral- und Profanbauten bis hinein in die kleinsten Landstädte. Die
Epoche schwelgte in Schönheiten. Diese haben freilich zuweilen etwas Ge-
waltsames, es vermählt sich darin das Dämonische mit dem Lüsternen. Pan
und Nymphe: das ist nicht nur ein beliebtes barockes Bildmotiv. es ist ein
Symbol des Barocks überhaupt.
DIE BRÜDER ASAM
In Bayern hat die zum Mastigen neigende Pflanze des Barocks einen
besonders fruchtbaren, ihr zusagenden Boden gefunden. Nirgends ist sie so
üppig ins Kraut geschossen. Der Barock kommt der heiter naiven Spiel-
freude des bayrischen, vor allem des oberbayrischen Volkes entgegen, jener
Freude am Kunstgewerblichen, die München später zur Hauptstadt des
modernen deutschen Kunstgewerbes gemacht hat; es stimmt auch gut zu
jener Lust am Szenarischen, die in den bayrischen Volkstänzen, Gesängen,
Dilettantentheatern und Volkstrachten zutage tritt. Zudem wurden die
gegenreformatorischen Bestrebungen in Bayern uneingeschränkt willkom-
men geheißen; denn der Katholizismus erscheint in diesem Bauernlande
noch katholischer als selbst in Rom. Da die Bayern bodenständig empfinden,
geriet ihnen auch der Barock entschieden zur Bodenständigkeit. Obwohl
es auch hier mit der Arbeit von Italienern begann. und obwohl später eine