Allgemeine Bedeutung der Weichenthürme.
Wie der Seefahrer seine Aufmerksamkeit unablässig steigert, wenn er
der Küste mit ihren sichtbaren und unsichtbaren Gefahren sich nähert, ebenso
verdoppelt der Führer eines Eisenbahnzuges seine Vorsicht, wenn er die zahl-
reichen weissen und farbigen Lichter der Station aus dem Dunkel der Nacht
auftauchen sieht. — Geschärften Auges, die Hand am Regulator, prüft er die
Signale, welche ihm den Eintritt in den Bahnhof verweigern oder gestatten,
und deren voraussichtliche Stellung ihm schon weit vor dem Ziele durch das
Vor- oder Distanzsignal markirt wird. Findet er an vorschriftsmässiger Stelle
das zum vorsichtigen Einfahren mahnende grüne — und nicht das absolut
„Gefahr“ anzeigende und „Halt“ gebietende rothe — Signallicht, so eilt
der Zug unbeirrt mit immer noch grosser Geschwindigkeit durch ein scheinbares
Chaos von Kreuzungen und Weichen seinem Endziele entgegen, dessen sichere und
gefahrlose Erreichung aber nun noch einer andern Gewalt als der des Locomotiv-
führers, nämlich der des Weichenstellers anheimfällt.
Unter dem alleinigen Willen des ersteren bewegt sich die Locomotive im
Gebiete des Bahnhofes zwar vorwärts, der Weg in dieses oder jenes Gleis,
vor dieses oder jenes Perron aber wird ihr durch die Stellung der Weichen
vorgeschrieben, welche der Führer, namentlich im Dunkel der Nacht, meistens
willenlos durchfahren muss.
Welche Summe von Irrthümern, Missverständnissen, Uebereilungen, mensch-
lichen Vergesslichkeiten bei diesen auf grossen Bahnhöfen nach Tausenden
zählenden Manipulationen der Weichen eintreten kann und in zahllosen Fällen
bereits eingetreten ist, wie der Führer auf das gegebene richtige Signal
dennoch — selbst noch im letzten Augenblicke — in eine falsch gestellte
Weichenstrasse (in wiederholten Fällen auf den Braunschweigischen Bahnen hat
der Wärter die anfänglich richtig gezogene Weiche — unmittelbar vor
dem Zuge — im guten Glauben wieder falsch gestellt) gelenkt wird und Tod
und Verderben um sich verbreiten kann, ist eine selbst dem Laien wohlbe-
kannte Thatsache, welcher daher dem allerdings harten und verantwortlichen
Dienste des Weichenwärters — wie derselbe seiner Phantasie als alleiniger
Hort und Schützer seines Lebens vorschwebt — stets die wärmste Sympathie
geschenkt hat.
Kann es in einfacher, sicherer und practischer Weise gelingen, alle diese
zahllosen, selbst bei der strengsten Aufsicht möglichen Irrthümer in ein System
der Ordnung umzuwandeln; kann es durchgeführt werden, dass der Führer eines
Zuges — bei richtigem Signal auch auf die diesem Signal entsprechende Weichen-
strasse sicher und ohne Fehl gelangt; kann alle Willkür und Disharmonie aus
der wechselweisen Handhabung der Signale und Weichen verbannt, die Hand