entbehrt zwar nicht einiger Begründung, derselbe lässt sich aber durch eine
sorgfältig überlegte Anordnung der Gleise auf ein Maass zurückführen, welches
selbst der Durchführung eines complicirten Betriebes nicht absolut hinderlich ist.
Bevor wir zu den speciellen Instructionen der Weichenthürme über-
gehen, erscheint es nothwendig, über die Weichen selbst — als die wesent-
lichsten Factoren der Fahrsicherheit — einige Betrachtungen vorauszusenden.
Erfahrungsmässig birgt jede Weiche, mag sie nun gegen oder aus der
Spitze befahren werden, Mängel in sich; jede einzelne ist somit an und für
sich ein Gefahrpunkt, der einer steten sachkundigen Aufsicht (Weichencon-
troleur) unterstellt werden sollte.*)
Wird eine Weiche gegen die Spitze befahren und nur durch ein um-
stellbares Gewicht — wie auf der Mehrzahl der deutschen Bahnen üblich —
festgehalten, so können die Zungen durch den Druck des überfahrenden Zuges
federn, sich durchbiegen und — bei minderwerthiger Construction und Unter-
haltung — sowohl horizontal, als namentlich auch vertical (etwa in Folge
loser Schwellen), in bedenkliche Vibrationen gebracht werden, Diese sind um
so gefährlicher, wenn die Weichen in starken Curven, was stets nach Mög-
lichkeit vermieden werden sollte, eingebaut sind. Fährt ein Zug aus der
Spitze, so kann ebenfalls durch eine unrichtige, zu tiefe Lage oder Verbiegung
der Zungenschiene, wodurch die Räder gezwungen werden, mit ihrer äussersten
Reifenkante nur auf den Hauptfahrschienen zu rollen und diese auseinander
drängen, Gefahr entstehen. Endlich aber ist beim raschen Ausfahren aus einer
Weiche die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dass durch den Stoss das
Gegengewicht gänzlich umgestellt wird, sodass der Wärter, wenn er in der
Dunkelheit diesen zwar seltenen Fall übersehen, von der nunmehr falschen
Stellung der Weiche — sofern er nicht auf das Signal derselben stets Acht
giebt — keine Kenntniss erhält. Zur theilweisen Verminderung dieser Ge-
fahren, zur Schonung der Weichenzungen und um das so häufige und ver-
derbliche Zweispurigfahren der Locomotive und überhaupt jede Willkür in der
Stellung der Weichen aufzuheben, ist es daher dringend nothwendig — und
auch auf den Braunschweigischen und vielen anderen Bahnen mit grösster
Strenge durchgeführt — in den Hauptgleisen niemals die Weichen aufzu-
fahren, sondern diese stets vorher durch den Wärter umstellen zu lassen.
Muss aber aus Sicherheits- und Zweckmässigkeitsgründen jede Weiche vorher
gestellt werden, so fragt es sich, ob der bis heute fast an allen Weichen auf
deutschen Bahnen (auf den englischen Bahnen ist derselbe in den Haupt-
gleisen gänzlich verschwunden) beibehaltene Gewichtsstellbock die nothwendige
Garantie für den sicheren Anschluss der Zunge bietet und ob nicht bessere
Constructionen für denselben substituirt werden können. Allerdings ist das
Gewicht bequem und für Rangirbahnhöfe durchaus zweckmässig, da das
Gegengewicht selbstthätig etwaigen todten Gang in den Zwischenmechanismen
ausgleicht, anderseits aber ist es unempfindlich gegen das Klaffen der
Weiche, sodass in der Dunkelheit ein fremder Körper sich zwischen die
Weiche drängen kann, ohne dass das Gewicht ihn beseitigt oder markirt.
Zu empfindlich ist es dagegen beim raschen Ueberfahren eines Zuges, in-
dem es alsdann in der Regel in eine tanzende Bewegung geräth, welche ihm
Mängel der
Neichenstellung
durch
umlegbare Ge-
wichte,
*) Unserer Ansicht nach kann auf vielen deutschen Bahnen auch die Zahl der Weichen
in den Hauptgleisen noch erheblich vermindert werden, wenn anstatt des häufigen Princips
der Bequemlichkeit das der Sicherheit in erster Linie befolgt wird,
D. V.