Full text: Ueber Weichenthürme und verwandte Sicherheits-Vorrichtungen für Eisenbahnen

theilt, und dasselbe auch gegeben. Die Abfahrt verzögerte sich jedoch um einige 
Minuten, und als sie erfolgt, erscheint — durch Irrthum des Wärters, welcher 
den Personenzug bereits abgefahren glaubt — plötzlich das Haltsignal —, 
und darauf das Einfahrsignal eines Güterzuges, sodass der erstere Zug — wenn 
auch keiner directen Gefahr — so doch einer Verzögerung der Abfahrt unter- 
liegen musste. Analoge Fälle werden in jedem Eisenbahnbetriebe vorkommen, 
in welcher menschliche Thätigkeit wirksam ist; sie würden nur durch ein ab- 
solut automatisches Arrangement der sämmtlichen Signale, welche durch den 
Zug selbst in Function treten, vermieden werden können. An eine solche 
Lösung, wenn sie auch mechanisch durchführbar wäre, ist aber selbst in dem 
regelmässigsten Eisenbahnbetriebe nicht zu denken, da Verspätungen, Ueber- 
holungen, Extrazüge etc., fast täglich die Reihenfolge und Fahrstrasse der Züge 
verändern, und selbst die empfindlichsten und zahlreichsten electrischen Control- 
Apparate die mit Verstand und Ueberlegung beobachtenden und ausführenden 
menschlichen Augen und Hände nicht zu ersetzen vermögen. Das Lösen eines 
Bolzens, der Bruch einer Verbindungsstange kann alle Vorsichtsmaassregeln 
durchkreuzen, da jede, auch noch so vollkommene Maschinerie ohne die stete und 
pflichttreue Ueberwachung der Wärter unbemerkt in Unordnung gerathen kann. 
3) Elementare Ereignisse, vor Allem starker Nebel, welcher die 
Uebersichtlichkeit der optischen Signale aufhebt, vermag auch die an und für 
sich zuverlässigen Functionen der Weichenthürme zu alteriren, wenn nicht alle 
Organe die für diese Fälle gegebenen Vorschriften auf das Pünktlichste und 
Genaueste befolgen. In erster Linie ist das Rangiren oder Bewegen von Fahr- 
zeugen in den Hauptgleisen und Durchkreuzungen bei nebligem Wetter vor An- 
kunft oder Abfahrt bereits signalisirter Züge gänzlich zu sistiren, während 
an gefährlichen Durchschneidungen, wie auf dem Bahnhofe Braunschweig, zweck- 
mässig in dem Weichenthurme selbst ein Aufsichtsbeamter zu postiren ist, 
welcher für die richtige Ausführung der von der entfernten Perronstation ein- 
laufenden Depeschen persönlich verantwortlich ist. Die wesentlichste, in jedem 
Eisenbahnbetriebe bereits zu Tage getretene Gefahr liegt aber endlich im Nicht- 
befolgen oder Missverstehen der electrischen Befehle seitens der Signalwärter, 
welche bei Nebel um so gefahrvoller werden können, als eine Controle über 
das anbefohlene Geben der optischen Signale seitens des Aufsichtspersonals 
nicht ausgeübt zu werden vermag. Ist auch eine solche Constellation ungün- 
stiger Umstände eine sehr seltene, kann sie auch — in zweifelhaften Fällen 
— durch mehrfache Wiederholung der Depeschen kurz vor Abfahrt oder Ankunft 
der Züge nach Möglichkeit vermieden werden, so erscheint es dennoch nicht 
unwichtig, noch auf vermehrte mechanische Einrichtungen, electrische Verriege- 
lungen und Repetition der Signale nach der Perron- Station hin Bedacht zu 
nehmen, obgleich ein zwingendes Bedürfniss bei der bisher ab- 
solut sicheren Bewältigung des Verkehrs auf den Braunsch wei- 
gischen Bahnen sich bis heute nicht. herausgestellt hat. Es 
wird — um in anderer Weise diese Correspondenz ganz zu beseitigen oder 
nur auf Ausnahmefälle zu beschränken — lediglich eine Zeitfrage sein, ob die 
auf englischen und belgischen Bahnen eingeführte Regelung der Ein- und Aus- 
fahrt sämmtlicher Züge dem im Weichenthurme befindlichen Signalwärter — 
unabhängig vom Stations-Vorsteher — übertragen werden kann, oder nicht, 
zu welchem Zweck es allerdings dann auch wünschenswerth erscheint, die 
sämmtlichen Signale und Weichen eines Bahnhofes in einem oder auch 
mehreren Weichenthürmen bis in die Nähe der Perron-Station hin zu combi-
	        
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