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V. Der Tragflügel von endlicher Breite.
$ 2. Das System der gebundenen und freien Wirbel.
Das Wirbelband.
Wir wollen jetzt die im $ 1 entwickelte Vorstellung vom gebundenen
und den beiden freien Wirbeln so vervollständigen, daß sie sich der
Wirklichkeit besser anpaßt. Die hier und. in den folgenden Paragraphen
entwickelte Tragflügeltheorie verdankt man den grundlegenden Unter-
suchungen von Prandtl*, sie wird daher jetzt allgemein die Prandtl-
sche Tragflügeltheorie genannt.
Der einfachste Fall, bei dem über dem ganzen
System des gebundenen und der freien Wirbel
überall die gleiche Zirkulation vorhanden ist,
wird der Form des Systems entsprechend Huf-
eisenwirbel genannt (vgl. Abb. 89). Der ge-
bundene Wirbel liegt im Flügel, die Achsen der
freien Wirbel folgen dem Luftstrom mit einer
leichten Abweichung nach unten, von der bald
Genaueres gesagt werden wird. Der Hufeisen-
wirbel wird bei der Doppeldeckerberechnung,
Kap. VII, $5 und 86, nützliche Dienste leisten,
reicht aber schon bei der Theorie des Eindeckers
nicht aus, um die Luftkraft zu beschreiben.
Wir wollen von jetzt an einen gebundenen Wirbel durch einen Vektor
C„» einen freien Wirbel durch einen Vektor c, bezeichnen. Da nach (2,9)
und (2,10), S. 19:
* = rotp, div c = div rot vd = 0, (5,1)
so folgt, daß in Punkten, in welchen gebundene und freie Wirbel
zusammenstoßen. also
C= 0 + CC
div cy = — div c, (5,2)
sein muß, also div c/ von Null verschieden ist. Punkte, in welchen
div c von Null verschieden ist, werden Wirbelquellen bzw. Wirbel.
senken genannt. Beim Hufeisenwirbel sind 4 und B (Abb. 89) solche
Punkte. Der Punkt B ist für den dort entspringenden Wirbel eine
Wirbelquelle, der Punkt A dagegen für den dort einlaufenden Wirbel
— die Achse wird ja immer so gerichtet, daß die Drehung eine Rechts-
schraube bildet — eine Wirbelsenke. Längs der ganzen Spannweite
von 4 bis B bleibt die Zirkulation konstant. In B fällt sie plötzlich auf
Null ab, wobei die verschwindende Zirkulation in die des freien dort
ı Prandtl, Jb. wiss. Ges. Luftf. 1920, S.46f. — Tragflügeltheorie I und TI.
Nachr. Ges, Wiss. Göttingen 1919.