Einleitung. Quellen aerodynamischer Erkenntnis
Bild der Strömung um den Zylinder festgehalten. Es sei etwa bei dem Versuch
die Achse der Zylinderbasis senkrecht zum Luftstrom 1 cm, seine Höhe 25 cm, die
Luftgeschwindigkeit 10 m/s gewesen, und die Messung habe eine Kraft von
12,5 g in der Richtung des Luftstroms ergeben. Diese Beobachtungen sollen nun
zu Schlüssen über eine ebenso gestaltete Flugzeugstrebe verwendet werden; man
kann nach der Kraft fragen, welche auf die wirkliche Strebe wirkt, oder sich auch
— etwa wegen der Anbringung von Meßinstrumenten — für den Verlauf der Luft-
bewegung in der Umgebung der Strebe interessieren; aber, die wirkliche Strebe
ist zehnmal so groß als die untersuchte, die Flugzeuggeschwindigkeit viermal so
groß als die des Luftstroms, und außerdem will man das Verhalten nicht am Boden
kennen, sondern in 6 km Höhe, wo die Luftdichte nur etwa die Hälfte des im Luft-
strom vorhandenen Wertes hat, wo der Luftdruck erheblich niedriger, die Tempe-
ratur, der elektrische Zustand der Luft usw. ganz andere sind. Außerdem sei die
Modellstrebe aus Holz gewesen, die wirkliche Strebe ein Stahlrohr. Da kommt es
in erster Linie darauf an zu wissen, welche der erwähnten Umstände eigentlich
maßgebend sind für die Kräfte und den Verlauf der Strömung, welche von unter-
geordneter Bedeutung und welche überhaupt ohne Einfluß sind. Darüber kann im
allgemeinen natürlich nur die Erfahrung entscheiden, aber für manche Entschei-
dungen genügt doch atıch das physikalische Gefühl. Es bedarf ja keines Experi-
mentes, um festzustellen, daß der elektrische Zustand der Luft keine Bedeutung
für die Strömung haben kann, auch daß die Temperatur keine unmittelbare Wir-
kung darauf ausübt. Dagegen müssen wir doch erst aus der Erfahrung entnehmen,
daß auch das Material der Strebe ohne nennenswerten Einfluß ist, wenn die Ober-
fläche einigermaßen dieselbe Glätte zeigt.
So sehen wir schließlich ein, daß es für unser Problem nur auf die rein mecha-
nischen Eigenschaften der Luft, auf die Geschwindigkeit und auf die Größe der
Strebe ankommt. Aber das genügt uns noch nicht; wir wollen noch wissen, ob die
Kräfte etwa mit der Geschwindigkeit proportional oder stärker anwachsen u. dgl.
Darüber nun können rein theoretische Überlegungen Aufschluß geben, die so-
genannten Ähnlichkeits- oder Dimensionsbetrachtungen: Wir erhielten in
unserem Beispiel eine Kraft von 12,5 g. Offenbar hat die Zahl 12,5 keine allgemeine
Bedeutung; sie hängt wesentlich davon ab, was als Einheit genommen ist, und wird
ganz anders, wenn das Ergebnis statt in Gramm etwa in englischen Pfund ausgedrückt
wird. Dasselbe gilt. von allen anderen Zahlenangaben, die in unserem Beispiel
Verwendung fanden; die Kraft, die Geschwindigkeit; die Längen sind alles benannte
Größen, die nur in einem bestimmten, konventionell festgesetzten Maßsystem durch
eine Zahl ausgedrückt werden können. Offenbar würde das Ergebnis in einer vie]
übersichtlicheren Form erscheinen und seine Tragweite besser zu überblicken sein,
wenn die Zahlenangabe in unbenannter Form erfolgen könnte, wenn also der Zahl-
wert sich nicht auf die Kraft beziehen würde, sondern auf eine vom Maßsystem
unabhängige oder, wie man sagt, dimensionslose Größe. Solch eine Form läßt sich
immer finden; denn auf jeden Fall ist das Meßergebnis die Folge eines allgemeinen,
uns noch unbekannten Gesetzes, wonach die Kraft gleich ist einer Funktion der
Luftgeschwindigkeit, der Körperabmessung und der mechanischen Eigenschaften
der Luft. Diese Funktion muß nun selbstyverständlich auch die Dimension einer