Full text: Aerodynamik (Band 2)

10 Einleitung. Quellen aerodynamischer Erkenntnis 
Auf die Modellversuche angewandt, besagt dieses Ergebnis, daß man dann mit 
Sicherheit von dem kleinen Modell auf das große wirkliche Flugzeug oder einen Flug- 
zeugteil schließen kann, wenn man entweder das Modell mit einer um so viel höheren 
Geschwindigkeit bewegt, als der Verkleinerung des Maßstabes entspricht, oder 
die Versuche in einer Flüssigkeit von hohem kinematischen Reibungskoeffizienten, 
etwa in Wasser, anstellt, wobei eine kleinere Geschwindigkeit zur restlosen An- 
passung an den’ wirklichen Bewegungsvorgang genügt. Beides ist nun nur in sehr 
unvollkommener Weise möglich. Die Flugzeuggeschwindigkeit ist von der Größen- 
ordnung 40 m/s; sei nun ein Modell gegen die wirkliche Ausführung nur auf ein 
Fünftel verkleinert, so wäre im Luftstrom bereits eine Geschwindigkeit von 200 m/s 
erforderlich, um die wirkliche Reynoldssche Zahl zu erreichen; diese Geschwindig- 
keit ist nur mit größten Mitteln herstellbar; die Annäherung an die Schall- 
geschwindigkeit bringt aber dabei eine große Unsicherheit in die Ergebnisse; im 
Wasser brauchte man allerdings nur 14 m/s, aber auch dieser Wert übersteigt 
das zur Zeit technisch Mögliche bei weitem. Wir sind also bei den aerodynamischen 
Fragen in der mißlichen Lage, Modellversuche von restloser Übertrag: 
barkeit auf das wirkliche Flugzeug nicht anstellen zu können. 
In dieser Beziehung ist das Flugzeug schlechter daran als das Schiff; ın deı 
Mechanik des Schiffes sind bekanntlich die Modellversuche seit langem ein be- 
währtes und verläßliches Hilfsmittel der Technik und der Forschung. Beim Schiff 
gilt aber auch eine andere Modellregel als beim Flugzeug. .Das Schiff ist nicht völlig 
eingetaucht in eine Flüssigkeit, es bewegt sich an der Oberfläche des Wassers; die 
darauf wirkenden Kräfte sind darum wesentlich durch die Erscheinungen an der 
freien Oberfläche einer Flüssigkeit, durch die Wellenbildung, bestimmt, Auf die 
Wellenbildung hat aber die Reibung keinen maßgebenden Einfluß, sondern fast 
ausschließlich die Schwerkraft; und die dimensionslose Zahl, welche das Gesetz 
der mechanischen Ähnlichkeit bestimmt, enthält den Reibungskoeffizienten nicht, 
dafür die Schwerebeschleunigung g. Sıe lautet G = 7 Zwei Vorgänge sind mecha 
nisch ähnlich, werden also. auch durch das gleiche % beschrieben, wenn die Zahlen 
G dieselben sind. Eine Übertragung vom kleinen Modell auf das große Schiff ist 
einwandfrei, wenn. die Geschwindigkeit des Modells zur Schiffsgeschwindigkeit 
sich verhält wie die Warzeln der Modellabmessungen zu den Schiffsabmessungen. 
Der kleinere Maßstab erfordert eine kleinere Geschwindigkeit: beim Flugzeug ist 
es leider umgekehrt. 
So wäre der Wert der Modellversuche für die Flugtechnik sehr gering, wenn nicht 
eine auffallende Erscheinung die ganzen Verhältnisse doch wesentlich vereinfachte. 
Unsere Abb. 1 zeigt, daß nur ganz schmale Bereiche der Kurve „Sin Abhängig- 
keit von v“ uns zur Einführung der Reynoldsschen Zahl veranlaßten, und daß in 
weiten Bereichen © von v und damit auch von.R unabhängig wird. In der ersten 
Zeit der Modellversuche kannte man wohl die Bedeutung der Reynoldsschen Zahl 
und die Abweichung der S-Kurve bei kleinen Reynoldsschen Zahlen, nicht aber den 
Übergang II der Abb. 1. Man nahm daher das quadratische Widerstandsgesetz (1), 
also die Konstanz von © als exakt gültig an und setzte sich auf diese Weise über 
die Schwierigkeiten der Modellregel hinweg. Seitdem durch die Versuche von Kiffel
	        
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