I. Kapitel. Kräftegleichgewicht im geraden Flug 255
Geschwindigkeit v, und es ist damit keine neue Variable in die Gleichungen (1) und
’/2) eingeführt.
Noch haben wir aber drei Unbekannte und nur zwei Gleichungen; die dritte
Gleichung verlangt den Ausgleich der Drehmomente am Flugzeug. Es ist
bekanntlich gleichgültig, um welchen Punkt man diese Drehmomente rechnet;
wir wählen den Schwerpunkt; dann rührt vom Gewicht kein Drehmoment her, da
die Schwerkraft durch den Schwerpunkt geht. Aber auch das Moment, welches
der Schraubenzug ausübt, ist meist nicht groß, da derselbe fast stets mit kleinem
Hebelarm am Schwerpunkt vorbeigeht und dem ganzen Charakter des Flugzeug-
gleichgewichts nach nur klein ist gegenüber den Auftriebskräften, welche das
Flugzeug heben. Die in Gleichung (1) stehenden Glieder sind ja in den meisten
Fällen klein im Vergleich mit denen der Gleichung (2). So wird im wesentlichen
— vorbehaltlich späterer genauerer Diskussion — das Gleichgewicht der Dreh-
momente hergestellt sein, wenn nur die Momente der Luftkräfte sich das Gleich-
gewicht halten. Diese sind alle der Luftdichte und dem Quadrat der Geschwin-
digkeit proportional. und unabhängig von der Richtung der Schwerkraft. Die
beiden Unbekannten v und © kommen daher in der Beziehung, welche das
Gleichgewicht der Drehmomente ausspricht, in erster Näherung nicht zur Gel-
tung, sondern als einzige Unbekannte der Anstellwinkel x. Dafür tritt ein neuer
Parameter auf, nämlich die Stellung des Höhenruders (s. I. Teil VI 8 3); von
dieser hängt also der Anstellwinkel ab und ist somit durch den willkürlichen
Ausschlag des Steuers vom Führer frei wählbar. Wir werden uns im 2. Kapitel
noch avsführlich mit dem Problem des Momentenausgleiches zu befassen haben.
Einstweilen schließen wir, daß der Anstellwinkel durch den Momentenausgleich
festgelegt ist, daß wir ihn deshalb in den Glecihungen (1) und (2) nicht als
Unbekannte, sondern als gegebenen Parameter anzusehen haben. Verschiedene
Anstellwinkel bedeuten verschiedene Luftkraftbeiwerte c„, und c„, und somit ver-
schiedene Flugzustände. Aus den Kraftgleichungen (1) und (2), für die das Flug-
zeug nur ein materieller Punkt ist, sind für die verschiedenen Flugzustände die
Geschwindigkeit v und der Anstiegwinkel o zu erschließen. Diese beschreiben die
eigentlichen Flugleistungen und entscheiden somit in erster Linie über die Brauch-
barkeit eines Flugzeugs für bestimmte Zwecke.
8 2. Gleitflug.
Am einfachsten gestaltet sich die Diskussion der Kraftgleichungen im Gleit-
[lug, wenn der Motor ganz abgestellt ist, also
SA— 0
In diesem Fall ergibt Division der Gleichungen (1) und (2)
W
tgo=——=-
Cw
C PA.
—zs—_—_.
„00. (7)
Der „Gleitwinkel“ © ist also unabhängig von der Flügelfläche und vom Gewicht
des Flugzeugs, sowie unabhängig von der Luftdichte und der Höhe des Flugs über