Full text: Aerodynamik (Band 2)

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Zweiter Teil. Die Bewegung des Flugzeugs 
Aber diese Abhängigkeit zeigt sich nur in den, Teilkräften, welche vom Leitwerk 
herrühren, und. da diese ohnehin — im Gegensatz zu den Momenten — sehr klein 
gegen die Tragwerkskräfte sind, ist die Vernachlässigung ganz belanglos. 
8 3. Aufstellung der Stabilitätsgleichung. 
Die Gleichungen der allgemeinen Längsbewegung sind mathematisch recht 
schwierig; sie enthalten die Unbekannten in komplizierter, zum Teil nur empirisch 
gegebener Form, sind daher im allgemeinen nicht einfach lösbar; die Unbekannten 
lassen sich nicht explizit durch einfache bekannte Funktionen ausdrücken. Diese 
Schwierigkeit läßt sich überwinden, wenn man nur nach der Stabilität des Fluges 
fragt; in diesem Falle führt die konsequente Durchführung des Gedankengangs, 
den wir oben für spezielle Fälle kennen gelernt hatten, zur Methode der kleinen 
Schwingungen, welche von Bryan zuerst auf dieses Problem angewandt worden 
ist. Wieder wird wie früher das Flugzeug in einem Zustand betrachtet, der nur 
unendlich wenig von einem Gleichgewichtszustand, d. i. von einem Zustand statio- 
nären Geradeausflugs abweicht. Nur nehmen wir jetzt nicht willkürlich nur eine 
der Variablen als veränderlich an, wie. früher den Winkel x, sondern lassen eine 
kleine Veränderung aller Variablen zu. Dann können wir aber auch nicht mehr 
die Stabilität nach der Richtung einer auftretenden Kraft oder eines auftretenden 
Momentes allein. beurteilen, ‚uns also nicht mehr mit Schlüssen helfen, zu denen 
Betrachtungen der stationären Bewegung führen, sondern müssen die gestörte 
Bewegung in ihrem zeitlichen Verlaufe verfolgen. Am Anfang der Bewegung haben 
die Variablen Werte, welche nicht die Gleichgewichtsbedingungen erfüllen; die 
Folge muß also eine beschleunigte Bewegung sein, in deren Verlauf die Variablen 
ihre Werte ändern. Geht die Änderung so vor sich, daß man sich im Laufe der 
Zeit den Werten der stationären Bewegung immer mehr nähert, so können wir diese 
als stabil bezeichnen; entfernen sich aber die Werte der Variablen immer mehr 
von den Werten der stationären Bewegung, von denen sie am Anfang nur unendlich 
wenig abweichen, so ist der Flugzustand der stationären Bewegung instabil. Dieser 
Gedankengang beruht ersichtlich auf demselben Grundgedanken wie derjenige, 
der zum Begriffe der statischen Stabilität hinführte; nur die willkürliche Speziali- 
sierung auf eine bestimmte Veränderung des stationären Zustandes ist weggefallen. 
Eine Erweiterung der Möglichkeiten liegt auch darin, daß nur der zeitliche 
Verlauf, nicht die Richtung der entstehenden Kraft für die Stabilität maßgebend 
ist. Dies können wir uns am einfachen Beispiel eines Pendels verdeutlichen: Nach 
dem Gesichtspunkt der statischen Stabilität ist ein Pendel, dessen Schwerpunkt 
über dem Aufhängepunkt liegt, im instabilen, ein Pendel, dessen Schwerpunkt 
unter dem Aufhängepunkt liegt, immer im stabilen Gleichgewicht; denn das bei 
unendlich kleiner Drehung entstehende Moment hat stets die Richtung nach der 
letzteren Lage hin. Die Größe des Moments kann ein Maß für die Größe der Stabili- 
tät abgeben. Nach dem neuen Gedankengang wird die Lage des Pendelschwer- 
punkts über dem Aufhängepunkt wieder als instabil beurteilt werden; denn die 
Störung verläuft so, daß diese Lage im Laufe der Zeit immer mehr verlassen wird; 
aber auch die andere Lage wird nicht ohne weiteres als stabil gelten können: denn
	        
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