a) Prüfvorschriften.
Für die Prüfung von Einzelteilen, wie Zündmagneten, Zündkerzen, Tacho-
netern, Brennstoffen, Schmierölen, wurden entsprechende Richtlinien: aufgestellt.
Gegen diese Art der Prüfung, namentlich gegen die von Anfang an beibehaltene
50 st Dauerprüfung wurde namentlich in den ersten Kriegsjahren vielfach ein-
zewendet, sie überstiege wesentlich die im Betrieb auftretenden Beanspruchungen
and hemme dadurch den Fortschritt. Die Erfahrungen haben aber diese Bedenken
zerstreut. In auffälligster Weise hat sich immer wieder bestätigt, daß alle bei der
Standprüfung beobachteten Schwächen, die man hin ‚und wieder durchgelassen
hatte, um die Lieferungen in kritischen Zeiten nicht zu behindern, in genau
gleicher Weise auch den Flugbetrieb störten. Für die Industrie war es allerdings
nanchmal recht störend, wenn die unvermeidlichen Kinderkrankheiten erst durch
aft wiederholte Bauartenprüfungen ausgemerzt werden konnten. Aber viel schlim-
ner wirkten die unvermeidlichen Rückschläge, wenn durchgreifende Änderungen
in neuen Motoren erforderlich wurden, die, ohne das Ergebnis der Prüfung abzu-
warten, in Reihenherstellung und Lieferung gegeben waren.
Wenn bei der kurzen Prüfung eines einzigen Motors alle Mängel erkannt werden
sollen, die im angestrengten Frontbetrieb zu erwarten sind, ist es naturgemäß not-
wendig, die Beanspruchung längere Zeit an der.oberen Grenze zu halten. Deshalb
„urde am 60 st Vollastbetrieb festgehalten, obwohl beim Fliegen die Leistung
wegen der abnehmenden Luftdichte stets nach kurzem Steigen abnimmt. Auch in
Bezug auf die Kühlung sind infolge des Fortfallens des Flugwindes die Betriebs-
bedingungen bei der Standprüfung namentlich für Motoren mit Luftkühlung un-
yünstiger als im Fluge. Über die Berechtigung dieses Einwandes wurden Prü-
fungen mit Zusatzkühlung durch den Luftstrom einer durch einen Hilfsmotor
getriebenen Luftschraube angestellt, die jedoch keine Unterschiede im Verhalten
des geprüften Motors ergaben. Den besten Beweis dafür, daß die Prüfvorschriften
den Fortschritt nicht durch unangebrachte Härten gehemmt haben, liefert die
Tatsache, daß der mittlere Druck und die Literleistung der Motoren ständig ge-
stiegen sind, und das Baugewicht abgenommen hat, daß also stete Fortschritte
yemacht worden sind. Dieser Fortschritt sicherte den deutschen Motoren eine
Überlegenheit gegenüber den feindlichen, die gegen Ende des Krieges größer war
als am Anfang und im weiteren Verlauf des Krieges, wie durch zahlreiche Ver-
gleichsprüfungen einwandfrei festgestellt wurde.
Von den Prüfbestimmungen anderer Länder sind hauptsächlich die englischen
oekannt geworden.!) Die Trennung zwischen Bauartenprüfung und Fabrikab-
aahmelauf ist auch dort durchgeführt. Der Bauartenprüfung wird außer der ersten
Maschine je eine von 100 gelieferten Maschinen unterworfen. Sie erstreckt sich
über 50 st, eingeteilt in acht Abschnitte von je fünf und einen letzten Abschnitt
zon 10 st. Diese werden hintereinander abgemacht, wobei nach je 5 st eine Pause
von 1 st für kleine Einstellungen und nach je 10 st eine Pause von höchstens 13 st
zum Reinigen der Kerzen und Zündmagnete, Abkratzen der Ölkohle und Ein-
schleifen der Ventile gestattet ist. Motoren mit mehr als 1 : 5 Verdichtungsver-
hältnis arbeiten die ersten 5 st mit 7/,o, die übrigen 45 st mit %/,g der Vollast. Die
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i) Aeronauties 27. März 1919.