Full text: Über katalytische Verursachung im biologischen Geschehen

2 Der Katalysebegriff nach Form und Inhalt. 
ben worden war, auf eine allgemeine chemische Erscheinung oder 
„Kraft“ zurückführte, die auch im Reiche des Anorganischen 
bereits wirksam sei. Dieser Mann war JAKOB BERZELIUS in 
Stockholm (1779—1848), Mediziner und Physiolog von Studium 
und Neigung her, zugleich einer der berühmtesten Chemiker seiner 
Zeit, der das „Gesetz der festen Gewichtsverhältnisse chemischer 
Verbindungen“ experimentell streng bewiesen und auch im übrigen 
der Chemie des Zeitalters vielfach neue Wege gewiesen hat. 
Seit 1820 gab BERZELIUS regelmäßig ‚Jahresberichte über die 
Fortschritte der physischen Wissenschaften‘ heraus, die sein 
Freund Fr. WÖHLER in Göttingen ins Deutsche übersetzte. Nun 
war es etwa Februar 1835, daß er für den Jahresbericht über 1834 
(deutsch erschienen 1836) am Anfang des Kapitels „Pflanzen- 
chemie‘ einen — bald berühmt gewordenen — Artikel schrieb 
über: „Einige Ideen über eine bei der Bildung organischer Ver- 
bindungen in der lebenden Natur wirksame, aber bisher nicht 
bemerkte Kraft‘“®, Er gibt hier eine Zusammenstellung damals 
bereits bekannter, eigenartiger und kurz zuvor von E. MiTScHER- 
LICH als „Kontaktreaktionen“‘ bezeichneter Vorgänge, wie DÖBER- 
EINERS Knallgas-Entzündung mit Platin (1823) und THENARDS 
Zersetzung von Wasserstoffsuperoxyd durch Platin usw., und 
bezeichnet diese als wesensgleich mit gewissen Vorgängen in der 
organischen oder lebenden Natur, wie demjenigen der Vergärung 
von Zucker zu Alkohol durch Hefe oder dem Vorgang in den 
Wurzelknollen der Kartoffel, wo das in den „Augen‘‘ enthaltene 
„Diastas‘ (Name von PAYEn und PERsoz 1833) rechtzeitig die 
Kartoffelstärke in löslichen Zucker für die hervorsprossenden 
Keime umwandelt. Diese Erscheinung kommt, wie BERZELIUS 
sagt, durch die „katalytische Kraft‘ zustande, die darin besteht, 
daß „Körper durch ihre bloße Gegenwart chemische Tätigkeiten 
hervorrufen, die ohne sie nicht stattfinden‘, eine Kraft, die im 
Anorganischen bereits anhebend, im Reich des Lebendigen zu 
ihrer vollsten Entfaltung gelangt. Wir bekommen, sagt er, „ge- 
gründeten Anlaß, zu vermuten, daß in den lebenden Pflanzen 
und Tieren Tausende von katalytischen Prozessen zwischen den 
Geweben und Flüssigkeiten vor sich gehen‘, und daß auf diese 
Weise aus dem einen Pflanzensaft oder Blut eine Unmenge ver- 
schiedener chemischer Verbindungen hervorgehen, vor allem in 
den tierischen Sekretionsorganen, die so Milch, Galle, Harn usw.
	        
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