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Biokatalysatoren verschiedener Art,
der Konkurrenz richtunggebender Formkatalysatoren oder (nach
PrRZIBRAM) aus dem ‚Wettlauf der Potenzen‘ des Systems A
und derjenigen des Systems B hervorgeht und welche Gesetz-
mäßigkeiten dabei zutage treten.
Die Stoffgebundenheit derartiger Formbildungsvorgänge sei einem an
von HÄMMERLING (Naturwiss. 1934, 289) genauer untersuchten Einzelfall
veranschaulicht. In der Schirmalge Acetabularia werden in der im Rhizoid
liegenden Kernsubstanz zwei Arten „Formbildungsstoffe‘* erzeugt: Stoffe,
welche die Entstehung eines Vorderendes mit Wirtel oder Hut bewirken
und die nach dem Vorderende hin verfrachtet werden (wahrscheinlich aus
‚„„Wirtelstoff‘‘ und ‚‚Hutstoff‘“ zusammengesetzt), und die Rhizoidstoffe,
die hinten angereichert sind. Das Konzentrationsgefälle der Stoffe für
das Vorderende und dasjenige des Rhizoidstoffes sind entgegengesetzt
gerichtet, und so kommt es, daß in einem ab- oder ausgeschnittenen Algen-
stück an einer Schnittstelle, an der sich überwiegend Stoffe für Vorder-
ande angesammelt haben, Wirtel oder Hut, an einer solchen mit überwie-
gend Rhizoidstoff ein neues Rhizoid entstehen kann. Es handelt sich dem-
nach offensichtlich um „„hormonale‘‘ Stoffe (Genprodukte), die ziemlich be-
ständig und im Gegensatz zu sonstigen Hormonen artspezifisch sind, und
die im Plasma unmittelbar oder mittelbar Wirkungen hervorrufen, die eine
Steuerung der chemischen bzw. kolloidchemischen Vorgänge mit dem
Erfolg spezifischen Wachstums und spezifischer Form bedeuten.
Es erscheint zulässig, auch derartige Stoffe, die besonders auffällig
bei Überpflanzung embryonaler Gewebsstücke ihre richtende Wirkung
entfalten, heuristisch als „Biokatalysatoren‘‘ (oder Bioinduktoren?) an-
zusprechen, wenngleich ihre stoffliche Zusammensetzung bisher noch ebenso
unbekannt ist, wie der durch ihre Gegenwart angestoßene Reaktions-
mechanismus, und der Endeffekt einer spezifischen Formbildung in der
„gewöhnlichen‘ Katalyse kein rechtes Vorbild hat. (Auf die Frage aber,
ob mit derartigen Faktoren stofflicher Art, die eine Verknüpfung von
Genetik und Entwicklungslehre versprechen, der Überreichtum der Form-
entwicklung in der Natur zureichend „erklärt‘‘ werden kann, eine „che-
misch-katalytische Formbildungstheorie‘* also voll durchzuführen ist, wird
noch zurückzukommen sein.)
Erbfaktoren oder Gene.
Bei den Erbfaktoren oder Genen, die für die erste Entwicklung
des Individuums aus der „Anlage‘‘ von maßgebender Bedeutung
sind, verhält es sich ganz ähnlich. Seit die den Entwicklungsgang
des Einzelorganismus steuernden Erbfaktoren der Chromosomen
in den Ei- und Samenzellen entdeckt und durchforscht worden
sind (WEISMANN, BOvERI, MORGAN, SUTTON, CORRENS, R. GoLD-
SCHMIDT u, a.) hat man schon oft betont, daß auch hier offenbar
richtunggebende Stoffe vorliegen, die man mitunter auch bereits
als Enzyme und Hormone ansprach.