Full text: Der 19 PS-Flug über die Alpen

mit der Eisenbahn zurückbringen. Ich besorgte mir da- 
her einen Fuhrmann, der zur bestimmten Zeit natürlich 
nicht da war. Als ich in seine Wohnung kam, hieß es, 
er wäre auf andere Arbeit fortgefahren. Ich mußte mich 
also neu auf die Suche machen. Den einzigen Kraft- 
wagenbesitzer hatte ich zu allererst aufgesucht. Von Ssei- 
nem Wagen waren aber nur einige wenige Ueberreste 
zu ergründen. Dann 
wandte ich mich an einen 
richtigen schwäbischen 
Bauer, der im engen 
schwarzen, mit silbernen 
Knöpfen besetzten Rock 
und schwarzen Krämpen- 
hut über die Straße 
stelzte. Er führte mich 
bereitwilligst von einem 
Fuhrmann zum andern. 
Da aber halber Feiertag 
war, wurde die Sache 
doppelt schwierig. Nach 
einigen Stunden hatte ich 
schließlich einen Mann 
gefunden, der sich erbot, 
zu fahren. Aber ich war 
noch lange nicht am Ziel. 
Bisher hatte ich immer geglaubt, nur Motoren hätten 
manchmal ihre Mucken, nur Motoren liebten es, daß man 
einige Stunden an ihnen herumarbeiten würde, ohne daß sie 
ansprängen. Dieses edle Roß übertraf aber den störrisch- 
sten Motor. Es war ein Schimmel und fühlte sich irgendwie 
deleidigt. Vielleicht hatte man es im Mittagfressen gestört, 
vielleicht war ich ihm auch unsympathisch, jedenfalls mußte 
es schon aus dem Stall gezerrt werden. Als es dann endlich 
angespannt war, ging die Sache aber erst richtig los. Ich 
glaube, es fühlte sich in seiner Feiertagsstimmung verletzt 
und außerdem war es sichtlich ästhetisch veranlagt. Denn 
nach wenigen Schritten blieb es unweigerlich stehen: die 
Straße war etwas schmutzig. Und trockene Straßen konnte 
man mit dem besten Willen jetzt nicht verlangen. 
Der Fuhrmann war verzweifelt, aber geduldig. Er sang 
seinem Schimmel ganze Arien mit und ohne Peitsche ins Ohr. 
Fin paar Sonnenstrahlen ließen über 
den linken Flügel hinweg für Augen» 
Blicke den Neusiedler See aufleuchten
	        
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