verlief glänzend; ungeſtört vollzog ſi< der Aufmarſ<h und mit ganz ge-
waltigen Schlägen bahnte ſi< das Heer den Weg nad Franfreih. Sieg
folgte auf Sieg im Weften, und nad jchweren bangen Wochen des Ruſſen-
einfalls brachten Tannenberg und die Schlacht an den Mafurifhen Seen
Siegesgewißheit aud im Oſten.
Faſt erſchien es, als ob die bange Sorge des Wehrvereins zu groß
geweſen, als ob ſeine Anträge über das Maß des Notwendigen hinaus-
gegangen ſeien. Aber die Schlacht an der Marne und der — unter dem
Eindru> unſerer niht ausreihenden Kräfte gefaßte — verhängnisvolle Ent-
{luß zum Rückzug brachten eine furhtbare Erkenntnis. Wir wiſſen heute
aus eigenen und feindlihen Zeugniſſen, daß troß unſerer Unterlegenheit ein
ſtarker Wille do< den Sieg an der Marne errungen hätte; wir wiſſen aber
auh, daß der Verzicht auf den Sieg felbft bei den zur Entſcheidung be-
rufenen, weniger ſtarken Gemütern gar niht erwogen worden wäre, wenn
nur einige wenige Diviſionen mehr zur Verfügung geſtanden hätten.
Wenige Diviſionen — von ihnen hat unſer Schi>kſal abgehangen! Wenige
Diviſionen, die, wie vom Generalſtab, ſo auh unabläſſig und dringlih vom
Wehrverein gefordert, von Regierung und Volksvertretung aus mangelnder
Erkenntnis, törihten Jlluſionen und egoiſtiſher Parteidoktrin abgelehnt
worden waren!
WieerſchütterndſihdieſerMangelan politiſcher
Erkenntnisrächen ſollte, daszeigtunsimvollenUm-
fange erſt die nahezu hoffnungsloſe Gegenwart.
Schon die nächſten Kriegswochen lehrten, wie unerfeßlih die Ver-
ſäumniſſe waren, die Deutſchland begangen hatte. Hunderttauſende, ja fa}
eine Million wehrfähiger Männer ſtanden zur Verfügung und forderten
Einſtellung ins Heer — aber ſie waren unausgebildet;, ſelbſt die vor-
bereitende Erfagreferve-Ausbildung hatte ein armſeliger Reichstag aus
falſ<her Sparſamkeit verhindert. — Es fehlten die Kaders, die Offiziere
und Unteroffiziere zur Ausbildung der Kriegsfreiwilligen. — Es fehlten Be-
fleidung, Ausrüſtung und Waffen niht nur für dieſe neuen kampffrohen
Männer, ſie fehlten ſogar für die ausgebildeten Reſerviſten und Landwehr-
leute zur jchnellen Aufftellung der Nefervedivifionen. Alles mußte neu ge-
ſchaffen, neu aufgebaut werden. Der erſt ſeit kurzem im Amt befindliche
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