Full text: Erlebtes und Erstrebtes

  
  
  
  
  
  
  
auch hören, warum. Als wir im vorigen Jahr in der Hauptverſammlung 
unſere Wünſche und Forderungen formulierten, da ſagte man allgemein: 
Was wollen denn die Leute eigentli<h — damals waren wir noch ein kleines 
Häufchen —, dieſe Leute ſcheinen in den wehrpolitifchen Fragen vieles 
beſſer wiſſen zu wollen als die Regierung, es beſſer wiſſen zu wollen, als 
der hohe Neichstag! Dieſe Leute ſind eben Phantaſten, die niht wiſſen, was 
fe eigentlih wollen! Das konnte man vielfach hören. Wir haben uns aber 
niht irre machen laſſen und ſind unſeren Weg weiter gegangen. Wir 
haben agitiert und geworben für unſere Forderungen, wir haben immer 
geſagt: dieſe zweite Vorlage iſ zu wenig, ſie entſpriht weder den politiſchen 
noch den militäriſhen Forderungen der Zeit; es muß eine neue Vorlage 
fommen. Man hat uns geſcholten, man hat uns beſchimpft, man hat unſere 
Führer Landesverräter genannt (Pfuirufe), das haben wir alles erleben 
müſſen. Wir konnten das alles jedo< ertragen, weil wir, wie ſhon geſagt, 
ein gutes Gewiſſen hatten. Da kann man ſchon di>fällig ſein. (Heiter- 
keit.) Wir haben auch vor einem Jahr in Berlin geſagt: Der Wehrverein 
erhebt ſeine Forderungen aus militäriſhen und politiſhen Gründen, 
denn viele Militärfragen ſind ja politiſche Fragen. Das ſind keine Finanz- 
fragen, keine Decungsfragen, keine Bureaufragen, keine parteipolitiſchen 
Fragen. Das find Staatsnotwendigkeiten, das ſind Staats- 
fragen, das ſind Zukunftsfragen für das deutſhe Volk. Wir haben 
geſagt, wir dürfen deshalb dieſe Fragen nicht von kleinem Standpunkt. aus 
betrachten, ſondern von großem Geſichtspunkt aus, der au< den Mut hat, 
in die Zukunft zu ſehen, wie zu Bismar>s und Roons Zeiten, zu Caprivis 
Zeiten. Die Politik muß weitſichtig ſein. Denn das iſ doch for, wenn 
wirerft großzügige Militär-Politiftreiben wollen, 
wenn es in der Welt nah Pulver rie<ht, dann iſt es 
zu ſpät. (Beifall.) Wenn unſere Naſen etwas feinfühliger waren und 
ſhon im Frühjahr Pulver rochen, ſo iſ das ein Verdienſt von uns. (Heiter- 
keit.) Natürlich iſt das an manchen Stellen nicht angenehm empfunden 
worden. Wir haben fhon am 5. Oktober vorigen Jahres einen Aufruf 
erlaſſen, in dem wir ſagten: „Der Ern der politiſchen Lage 
erfordert, das Verſäumte ſofort nachzuholen Sie 
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