Full text: Erlebtes und Erstrebtes

  
  
fie alle wollen jest, was auch General Keim {on lange gewollt hat! Eine 
glänzendere Abfuhr für ſolhe Art Weisheit ann es nicht geben. 
Wir aber können jeßt angefihts der neuen Wehrvorlage verlangen, 
daß unſer ſelbſtloſes Arbeiten überall anerkannt wird, wenn nationale und 
militäriſhe Forderungen in Betracht kommen. So ganz dumm können des- 
halb die militäriſhen Berater im Wehrverein doch nicht ſein, jonft hätte doc) 
die Regierung ſi< niht au< unſere Gedanken zu den ihrigen gemacht! Bei 
all dieſen ernſten Dingen liegt auh etwas Humor. Dieſelben Parteileute 
und Blätter, die geſagt hatten, dieſer Wehrverein wiſſe niht, was er wolle, 
das müſſe doh die Regierung am beſten wiſſen, mäkeln jezt an den Megie- 
rungsforderungen herum und wollen manes beſſer wiſſen als die Regierung, 
weil die Wehrvorlage niht mehr in ihren parteipolitiſhen Kram paßt. Es 
ift der Gedankengang derſelben Leute — das ift doch zu ſpaßig —, die 
geſagt hatten, was die Regierung verlangt, iſt unantaſtbar. Jett aber, 
wo ſie mehr verlangt, iſ fie niht unfehlbar, und man hat der Regierung 
ſhon drei Kavallerieregimenter geſtrichen und wird wahricheinlich auch weiter 
nah dieſer Richtung noh ftreihen wollen. Daß das ein Widerſpruch in 
fih ift, brauche ich nicht weiter zu bemerken. 
Nun komme ih zu der Hauptiade. Der alte Deſſauer hat, wie Sie 
alle wiſſen, geſagt: „Der liebe Gott ift ſtets mit den ſtärkſten Bataillonen!“ 
Er hat aber unter den ſtärkſten Bataillonen nicht allein die Zahl ver- 
ſtanden, ſondern au< den Wert. Und wenn die neue Vorlage, was wir 
hoffen, durchgeht, ſo machen es die paar mal hunderttauſend Soldaten, die 
wir dann mehr haben, allein nicht aus. Es Fommt nicht darauf an, daß 
der Mann ſein Gewehr oder ſeine Kanone gut abſchießen kann, es kommt 
auh darauf an, daß der Mann ein tapferes Herz hat. Es kommt darauf 
an, daß die Leute, die das deutſhe Vaterland zu verteidigen haben, 
einen mannhaften Geiſt bejigen, einen opfermutigen Geiſt, 
wie die Japaner und Bulgaren es uns in der Neuzeit bewieſen haben. 
Der Krieg der Meuzeit ift ein fo mörderiſcher, die Kampfmittel und die 
Zerftörungsmittel find fo furchtbar, daß der ſogenannte Drill und die 
Manneszuht allein nicht genügen, Siege zu erfechten. Da muß ein Heer, 
und zwar Mann für Mann vom oberſten Feldheren bis zum Testen Train- 
ſoldaten, von dem Gedanken erfüllt ſein, unter allen Umſtänden zu ſiegea 
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