Full text: Die Ernährung des deutschen Volkes

  
  
  
    
  
140 Grundfragen 
  
weißaufbau in den Knöllchen der Leguminosen, wie beim Eiweißaufbau im 
Pansen des Rindes bakterielle Prozesse maßgebend sind. 
1. Eiweißerzeugung auf dem Wege über das Rind. 
Die Umwandlung des pflanzlichen Eiweißes durch den Pansen des Wieder- 
käuers liefert tierisches Eiweiß in zweierlei Form, Milch und Fleisch. Der 
Pansen als Eiweißerzeugungsstätte bietet dabei zwei außerordentlich wesent- 
liche Vorteile: 1. Die Ausnützung einfachster Stickstoffverbindungen zum 
Eiweißaufbau und 2. die Aufschließung der Rohfaser. Bekanntlich kann 
der Rohfaseranteil bei der Rindviehfütterung bis 30% betragen. Beide Pro- 
zesse werden durch die Pansenflora hervorgerufen, und zwar sind es in erster 
Linie die Pansenbakterien, denen wir diese Vorteile verdanken. Die anderen 
Pansenorganismen, insbesondere die Panseninfusorien, spielen nur für die 
Durchmischung des Panseninhaltes, für die Vorzerkleinerung der Rohfaser und 
als Zwischenglied eine Rolle. Aus diesen Erkenntnissen wurden schon vor Jah- 
ren Versuche abgeleitet, um einen Teil des Futtereiweißes durch Zusatz einfacher 
synthetischer Stickstoffverbindungen, vor allem Harnstoff oder Ammonsalze zu 
ersetzen. Von besonderem Interesse sind die letzten Versuche von J. Schmidt 
und Kliesch mit Harnstoff an eineiigen Zwillingen. Dabei konnte festgestellt 
werden, daß bis zu 50% des Stickstoffes in Form von Amiden gereicht werden 
kann, ohne daß eine praktisch ins Gewicht fallende Minderung der Milchleistung 
eintritt. In diesem Versuch wurden täglich bis zu 300g Harnstoff gereicht. Daß 
tatsächlich im Pansen ein Aufbau von Eiweiß aus diesen Amiden stattfindet, 
konnte von E. Studt neuerdings bewiesen werden. Er stellte bei morgens 
entnommenen Panseninhaltsproben fest, daß infolge der Bakterientätigkeit die 
Menge des fällbaren Eiweißes nach Darreichung von Amiden auf das Vier- 
bis Siebenfache gestiegen war. Für das Wachstum von Jungtieren dagegen 
kann ein Ersatz des Futtereiweißes durch Amide nicht durchgeführt werden. 
Die Tatsache der Rohfaseraufschließung im Pansen hat auch schon seit 
einigen Jahren zu Versuchen mit Verfütterung sehr rohfaserreicher Substanzen, 
   
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vor allem Zellmehl, geführt. Diese Versuche können heute noch nicht als ab-' ' 
geschlossen betrachtet werden. Jedoch ist gerade diese Frage unter den heuti- 
gen Bedingungen von ganz besonderer Wichtigkeit, so daß es als eine vordring- 
liche Aufgabe der Forschung bezeichnet werden muß, schnellstens zu prak- 
tischen Resultaten zu kommen. Selbstverständlich spielt hier auch die Frage 
der Bereitstellung genügend zerkleinerten zellulosereichen Materials, auf der 
Basis des Rohstoffes Holz, eine sehr wesentliche Rolle. Es erscheint vielleicht 
angezeigt, die Versuche der Amidfütterung und der Verfütterung von Zell- 
mehl oder ähnlichen Substanzen nicht wie bisher stets getrennt durchzuführen, 
sondern miteinander zu kombinieren, da ja, wie schon erwähnt, beide Ver- 
wertungsprozesse auf der Grundlage der Bakterientätigkeit beruhen. Es sei 
noch auf die Möglichkeit verwiesen, das Bakterienwachstum, vielleicht durch 
Zugabe nicht einmal bedeutender Hefemengen, günstig zu beeinflussen, da 
ja die Hefe Wuchsstoffe enthält, die die Vermehrung der Mikroorganismen 
fördern. In diesem Zusammenhange interessieren die Versuche von W. von 
Lukadou. Er stellte fest, daß durch Hefezusatz bei der Rindviehfütterung 
eine Zunahme des Milchfettgehaltes von 3,2 auf 3,6% erreicht werden konnte. 
Ähnliche günstige Wirkungen auf die Milchfettbildung konnten im übrigen 
auch durch Zusatz bestimmter Mineralstoffe, vor allem Kalzium, Magnesium 
und Phosphorsäure erreicht werden. 
Noch einmal soll herausgestellt werden, daß hier eine besonders große 
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