Full text: Die Ernährung des deutschen Volkes

  
  
A. Grundfragen. 
1. Allgemeiner Überblick. 
Im Laufe der Jahre haben die Auflagen des ursprünglichen Buches ‚‚Rohstoff- 
fragen der deutschen Volksernährung‘‘ viele Hinweise für ‚„Austauschstoffe“ 
gegeben und dazu beigetragen, alle Möglichkeiten der landwirtschaftlichen Er- 
zeugung auszunutzen, damit das Industrieland seinen notwendigen Ernäh- 
rungsbedarf aus eigenem Boden deckt. Wir denken dabei nicht an ‚„Autarkie“, 
Den letzten Anhängern einer autarkischen Wirtschaft haben die hinter uns 
liegenden Jahre die richtige Lehre erteilt. 
Aus Mangel an Zahlungsmitteln, wegen der augenblicklichen geringen In- 
dustrieproduktion, durch die Zerstörung der Städte und aus anderen Not- 
ständen heraus, ferner aus der starken Beanspruchung, der die Überschuß- 
gebiete als die Speisekammern der Welt auf Jahre hinaus ausgesetzt sind — sie 
könnten ihre Erträgnisse zwei- bis dreimal absetzen —, weiter durch den 
Mangel an Transportraum (Ausfall der Schiffe, Eisenbahnmaterialmangel, dem 
Kohle- und Treibstoffdefizit) werden wir noch lange gezwungen sein, mit der 
jetzigen schwierigen Lage weiter zu rechnen und eine erhöhte Nah- 
rungsmittelproduktion zu betreiben, ohne hierbei die ‚Autarkie“ zu 
empfehlen. 
Auch die Millionenzahl der hereinströmenden Flüchtlinge wird nicht dazu 
beitragen, daß der jetzige Ernährungsstandard in kurzer Zeit gehoben werden 
kann: auf wesentlich verkleinertem Lebensraum und mit einem Minimum von 
Einfuhrmöglichkeiten ist eine Bevölkerung von etwa 200 Menschen je Quadrat- 
kilometer gegenüber knapp 140 je Quadratkilometer vor dem Kriege satt zu 
machen (360000 qkm statt 470000 qkm). Ohne Berücksichtigung der Kriegs- 
verluste werden wir rein statistisch statt 66 Millionen Menschen im Jahre 1933 
in Zukunft 67—70 Millionen Menschen zu ernähren und zu versorgen 
haben. 
Es liegt also eine unendlich schwere Arbeit vor uns. Die wenigsten Menschen 
in Deutschland haben diese Tatsache bisher begriffen, denn sie bekamen bis 
heute ihr täglich Brot immer noch trotz des Zusammenbruchs vorgesetzt. 
Wohl den wenigsten ist bewußt, daß es unsagbarer Anstrengungen bedarf, 
unsere Ernährungslage auf weite Sicht zu verbessern, denn unsere Nahrungs- 
quellen sind teilweise versiegt: die Produktionsgrundlagen der Landwirtschaft 
wurden erschöpft, die Lebensmittelindustrie zum Teil vernichtet. Infolge- 
dessen wird es langer Zeiträume bedürfen, unsere Ernährung allein rein mengen- 
mäßig zu erhöhen, wenn wir nicht neue Wege zur Verbreiterung der Ernährungs- 
basis beschreiten. Noch weniger zu erhoffen ist die Rückkehr zur altgewohnten 
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Ziegelmayer, Die Ernährung des Deutschen Volkes. 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
   
  
 
	        
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