Full text: Rohstoff-Fragen der deutschen Volksernährung

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Ernährungswirtschaft, Ernährungswissenschaft und Eiweißproblem. & 
  
  
3-Zentner-Schwein z. B. liefert nach dem Schlachten 40 kg reines Fleisch. Die 
40 kg reines Fleisch sind eine Quelle für 8 kg Eiweiß in der menschlichen Ernäh- 
rung. Dieses Schwein aber hat im Laufe seines Lebens nicht weniger als etwa 
50-80 kg Futtereiweiß verzehrt. Es entsteht also auf dem Weg von der un- 
mittelbaren zur mittelbaren menschlichen Ernährung ein Verlust von 80bis90 %. 
Auch die Frage, von welchem Tier das Eiweiß stammt, das der menschlichen 
Ernährung zugeführt wird, ist von Bedeutung. Das Rind z. B. verwertet das 
Futtereiweiß besser als das Schwein, wenigstens dann, wenn es als Milcheiweiß- 
lieferant gezählt wird. Als Fleischerzeuger dagegen zeigt es wegen seiner länge- 
ren Lebensdauer eine schlechtere Verwertung des Futtereiweißes als das 
Schwein. Über die Verteilung des Eiweißes über die einzelnen Lebensmittel ist 
zu sagen: 
In Deutschland wurde bisher der menschliche Eiweißverzehr etwa zu 54% 
aus pflanzlichen und 46%, aus tierischen Erzeugnissen gedeckt; nach Weiß 
sieht das Bild folgendermaßen aus: 
Eiweißverzehr aus Weizenmehl . 20% Eiweißverzehr aus Fleisch . . 22% 
aus Roggenmehl . 12% aus Milch‘ ..: 2199 
aus Kartoffeln...:...10% aus ‚Biern:.:4.,4.:229% 
aus d. übr. Pflanzen 12% aus Fischen .....3% 
zusammen 54% zusammen 46% 
Somit decken die pflanzlichen Stoffe zu über die Hälfte unseres Nahrungs- 
eiweißes. Für die restlichen 46% verbrauchen wir fast die zehnfache Menge 
dessen, was am Ende zum menschlichen Verzehr gelangt. Weiß hat das noch 
treffender ausgedrückt: Wenn wir 2 Teile Eiweiß verzehren wollen, müssen 
wir 8 Teile Eiweiß hierzu bereitstellen; 1 Teil wird hiervon unmittelbar ver- 
zehrt, die restlichen 7 Teile wandeln wir über den Tiermagen in den noch 
fehlenden 1 Teil um. 
Die wirtschaftliche Seite des Eiweißproblems greift noch auf einem anderen 
Wege unmittelbar in die deutsche Volksernährung ein. Das ist das Problem 
der Verbrauchshöhe und der Verbrauchsart. Setzen wir voraus, daß nach dem 
heutigen Stand der Wissenschaft das Optimum der täglichen Eiweißmenge, 
welche dem Körper zugeführt wird, bei 90 g je Kopf liegt. Das bedeutet dann 
gleichzeitig, wenn man die Unterschiede in der Kaufkraft des einzelnen Volks- 
genossen berücksichtigt, daß auf geringer Bemittelte weniger Eiweiß entfällt, 
wie das unsere Erhebungen auch bestätigt haben. 
Ob die Schätzung (ein Minus von 20—30 g täglich für etwa 20 Mill. Men- 
schen), also eine Gesamtfehlmenge von mindestens 300000 t vollwertigem Ei- 
weiß, richtig ist, muß nachgeprüft werden. Aber selbst eine kleinere Fehlmenge 
ist eine Gefahr für unsere Volksgesundheit. Aus diesem Gesichtspunkt heraus 
wird der Eiweißfrage auch hinsichtlich der Fettfrage besondere Beachtung ge- 
schenkt werden müssen. Fett und Kohlehydrate (die sich zum Teil gegenseitig 
ersetzen können) liefern die Kraft- und Betriebsstoffe. Unerläßlich aber sind 
die Aufbaustoffe. Fehlt das Aufbaueiweiß, so ist die Körpermaschine beein- 
trächtigt und kann auch mit dem besten Betriebsstoff nicht laufen. 
Der „Zwang zum verlustreichen Umweg des größten Teiles der Erzeugung 
an pflanzlichem Eiweiß über die Tierverfütterung“ (Menke) wird bestehen 
bleiben. Das erfordert allein schon die Notwendigkeit der Viehzucht für die 
Ausnutzung des deutschen Bodens und die Erzeugung von tierischem Fett. 
Außerdem müssen wir aus den Futtermitteln neben den Tiererzeugnissen auch 
Ziegelmayer, Rohstoff-Fragen. 4. Aufl. 6 
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