Full text: Rohstoff-Fragen der deutschen Volksernährung

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Ernährungswirtschaft, Ernährungswissenschaft und Eiweißproblem. 83 
kraft des einzelnen Volksgenossen berücksichtigt, daß auf die Minderbemittel- 
ten weniger Eiweiß entfällt, wie das die Erhebungen auch bestätigt haben. 
(Siehe die Daten von Atzler und Tyszka.) Bei vorsichtiger Berechnung 
kann behauptet werden, daß viele Minderbemittelte höchstens zwei Drittel der 
oben genannten Eiweißmenge verbrauchen. Ob das nun ein Viertel oder ein 
Drittel unseres Volkes ist, wollen wir dahingestellt sein lassen. Wir müssen hier 
hervorheben, daß der fehlende Eiweißteil sich fast nur aus dem teuren voll- 
wertigen Eiweiß (Fleisch, Eier, Fisch und Milch) zusammensetzt. In der Kar- 
toffel ist das biologisch hochwertige Eiweiß leider in so geringen Mengen vor- 
handen, daß selbst große Mengen als alleinige tägliche Eiweißquelle nicht in 
Frage kommen. 
Bei allen Berechnungen einer deutschen Eiweißbilanz macht sich eine 
weitere Fehlerquelle bemerkbar; sie liegt in der Verdaulichkeitsberechnung 
des Eiweißes in den menschlichen Eiweißverbrauchszahlen. Nach dem 
Durchschnitt der Schall-Heislerschen Berechnungen nimmt man einen 
Verdaulichkeitswert von 85%, an, d. h. bei einer täglichen Zufuhr von 93 g 
Eiweiß (der angenommene Durchschnitt des Jahres 1936) ist mit einer wirk- 
lichen Verbrauchsmenge von 79 g Eiweiß zu rechnen. Nun beziehen sich 
die 85%, aber bei Schall auf tierisches Eiweiß, so daß der Gesamtwert 
in der Endsumme sich ebenfalls ändert. Es ist zu hoffen, daß bei unseren 
nun Jahr für Jahr sich wiederholenden zukünftigen Eiweißbilanzen die 
Fehlerquellen nach und nach beseitigt werden und das Bild immer klarer wird. 
Von diesen 90—100 g, die wir täglich je Kopf brauchen, wird ein großer Teil 
in Gestalt des Futtereiweißes noch heute eingeführt. Nicht nur mit Hilfe einer 
Erzeugungssteigerung, sondern auch durch eine Erzeugungsverlagerung kann 
diese Einfuhr z. T. ersetzt werden, und zwar in erster Linie mit Hilfe der 
direkten Ernährung des Menschen, welche immer die rationellste ist. Durch 
Mischung mit Hilfe vollwertigen Eiweißes können, wie wir gesehen haben, große 
Mengen unterwertigen Eiweißes zu einer Eiweißnahrung zusammengestellt 
werden, die mithelfen kann, das Eiweißproblem zu lösen. Wir brauchen nur die 
Wege richtiger Anwendung und richtiger Propagierung zu finden. In diesem 
Zusammenhange werden wir später unsere Magermilchfrage beleuchten; doch 
sei schon hier auf Folgendes hingewiesen. Wir erzeugen 10 Milliarden 2 Mager- 
milch und verfüttern davon mit Nutzen 7 Milliarden I. 1 Milliarde l wird ferner 
so schlecht verwertet, daß man sie kaum mit einsetzen kann. Diese 8 Mil- 
liarden 2 stellen 300000 t Reineiweiß und 360000 t Milchzucker dar. Heute 
werden in Deutschland hiervon 1—2 Milliarden !, also 36—72000 t Rein- 
eiweiß ungenügend oder gar nicht verwertet. 
Was könnte mit solchem biologisch vollwertigen Eiweiß zur Ergänzung un- 
vollständigen Pflanzeneiweißes nicht alles vorgenommen werden! Sei es in 
Verbindung mit Mehl, Teigwaren, Getreideerzeugnissen und sonstigen Suppen- 
erzeugnissen oder Suppenwürfeln, zumal z. B. Milcheiweiß (Kasein) oder Soja 
lange aufbewahrt werden kann. Gerade auch die Tatsache einer Vorrats- 
haltung ist hier sehr wichtig. 
Doch wollen wir diese Erörterungen besonders den Kapiteln „Soja“ und 
„Restmilchverwertung‘“ überlassen. 
Nur über die Bedeutung der Milchnahrung in Gestalt von Milcheiweiß, 
über die sich in einer ‚‚Milch-Sondernummer“ der Dtsch. med. Wschr. 62 
(1936) Hoske geäußert hat, soll gesagt werden: 
„Für eine gesundheitlich und volkswirtschaftlich ausgerichtete Küchen- 
technik haben wir auch hieraus zu folgern, daß der Nutzeffekt der Er- 
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