Full text: Rohstoff-Fragen der deutschen Volksernährung

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Ernährungswirtschaft, Ernährungswissenschaft und Eiweißproblem. 87 
von v. Tyszka, und letzterer faßt bereits Anfang 1931 in der Z. Ernährg., H.3, 
zusammen!): 
Danach muß die Eiweißzufuhr in den untersten Einkommensstufen als völlig 
unzureichend angesehen werden. Wenn auch die von Voit, Rubner, Zuntz u.a. 
geforderte Menge für eine erwachsene Person etwas reichlich erscheint, so er- 
scheint mir doch ein Herabgehen unter diesen Wert in der hier vorliegenden Weise 
bereits um 20—25% keineswegs unbedenklich. An dem Ansteigen des Eiweiß- 
verbrauchs mit zunehmendem Einkommen sieht man auch wohl ganz klar, wie 
diese Familien versuchen, dem Bedarf des Körpers an Eiweißstoffen, wenn die 
Mittel dazu reichen, nachzukommen. Ferner ist auch sehr beachtenswert, zu sehen, 
daß mit der Verbesserung der materiellen Lage die Zufuhr tierischen Eiweißes im 
allgemeinen noch stärker steigt als der Gesamteiweißverbrauch. 
Siehe hierzu auch das Referat von Prof. Atzler, dem Direktor des Kaiser- 
Wilhelm-Instituts für Arbeitsphysiologie, bei der Veranstaltung der deutschen 
Presse im seinerzeitigen Herrenhaus im Januar 1933. 
Im Dezember 1931 anläßlich dieser Veranstaltung des ‚„Reichsvereins Volks- 
ernährung‘ stellte Ziegelmayer auf Grund der Forschungen von Prof. 
Noeggerath, Prof. Moro u.a., sowie seiner eigenen Erhebungen fest, daß der 
Eiweißverzehr um 15—20% bei den Arbeitslosen herabgesetzt wurde (Z. Er- 
nährg. 1931, H. 11 und 1932, H. 2). Bereits im Jahre 1930 hat Prof. Remy, 
Freiburg, in der „Volksernährung‘“ 5, H.8, bei der Untersuchung der „Frage der 
Bewertung der Nahrung bei Massenspeisungen unter besonderer Berück- 
sichtigung der biologisch wichtigen Nährfaktoren‘ hingewiesen: 
„Bei verbilligten Massenspeisungen ist es jedoch unumgänglich notwendig, daß 
die Speisen in genügender Menge und guter Zubereitung verabfolgt werden, damit 
bei den Konsumenten die Meinung einer nicht ausreichenden Nahrung weder 
besteht noch überhaupt aufkommt. Das, was in diesen Gaststätten geboten wird, 
muß den einzelnen befriedigen, vor allem sein Bedürfnis nach weiterer Nahrungs- 
aufnahme für gewisse Zeit beheben. 
Damit aber etwaigen Einwänden der Konsumenten über eine nicht ausreichende 
bzw. physiologisch nicht vollwertige Nahrung vorgebeugt wird, sind diese öffent- 
lichen Anstalten in die allgemeine Nahrungsmittelkontrolle mit einzubeziehen, 
wodurch auch den Behörden bzw. den Leitungen dieser Einrichtungen eine gewisse 
Handhabe bei Bemängelung seitens des Publikums geboten wird. 
Die Kontrolle der verabfolgten Speisen darf sich nicht nur lediglich auf das 
äußere Aussehen, die Schmackhaftigkeit sowie die Ermittlung der Kalorienzahl 
beschränken, sie muß auch bestrebt sein, den darin enthaltenen physiologisch wich- 
tigen Nährfaktoren einigermaßen gerecht zu werden. (Massenspeisung! d. Verf.) 
Eiweißstoffe, die die Aminosäuren entweder durch Hydrolyse oder auf fermen- 
tativem Wege aus ihrem Aminosäurekomplex abzuspalten vermögen, bezeichnet 
man als ‚vollwertige Eiweißstoffe‘. Zu ihnen gehören u. a. Kasein, Laktalbumin, 
Ovalbumin, Ovovitellin, Fibrin, als Stoffe, die wir im tierischen Organismus 
antreffen. Ihnen gegenüber stehen die unterwertigen Eiweißkörper, denen einer 
oder mehrere der genannten Eiweißbausteine fehlen. Hierzu sind die pflanzlichen 
Proteine, Gliadin, Glutenin, Hordein sowie Zein zu rechnen. Ob mit den angeführten 
drei Aminosäuren die Zahl der biologisch notwendigen Bausteine vollzählig ist, 
muß vorläufig dahingestellt bleiben, weitere Forschungen nach dieser Richtung hin 
werden darüber Aufschluß geben.“ 
Eiweißmangel in der damaligen Ernährung gewisser Bevölkerungskreise ist 
dannnochdurch weitereUntersuchungen vonW.Ziegelmayer bewiesen worden. 
Dieser veranlaßte 1929, die Ernährungslage und Kostpläne der Bevölkerung 
verschiedener deutscher Landschaften und Gaue zu untersuchen. Es 
wurden Erhebungen angestellt über die Ernährung des Kleinbauern in der 
Eifel, der Moselwinzer, der Bewohner des Spessarts, der Bevölkerung Ost- 
preußens, des Bayerischen Waldes, der Rheinpfalz u.a. (s. Z. Ernährg 1931, 
H.2 usw., 1932). Auch in diesen vorläufigen Untersuchungen wurde fest- 
gestellt, daß selbst auf dem Lande stellenweise ein Eiweißmangel herrscht. 
Seit über 7 Jahre wurden auch von dem Verfasser Massenspeisungs- 
1) Die im Folgenden genannte Verminderung von 20—25 % der täglichen Eiweiß- 
zufuhr und die damit aufgetauchten Bedenken galten für die Erwerbslosen! D. Verf. 
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