166 Rohstoff ‚Eiweiß‘ und ‚‚Fett“.
8. Rohstoff „Blut“.
Das Blutproblem in der Volksernährung.
a) Allgemeine Übersicht.
In der 1. Auflage des vorliegenden Buches, die im Sommer 1936 als Manu-
skript abgeschlossen war, gab ich über die Verwertung des Blutes oder besser
über seine Nichtverwertung die in den folgenden Absätzen zum kleinen
Teil wiederholte Darstellung. Obwohlhier heute bereits entscheidender Wandel
geschaffen ist, soll die Schilderung der damaligen Lage noch teilweise wieder-
holt werden, weil das Problem ‚‚Blutverwertung‘“ ein Schulbeispiel dafür ist,
wie durch verständnisvolle Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Behörden
und Wirtschaft in kürzester Zeit Fruchtbares geschaffen werden kann.
Die bisher vielleicht am wenigsten ausgenutzte tierische Eiweißquelle ist
das Blut unserer Schlachttiere. Unmittelbar zur Ernährung dient es fast nur
bei der Blutwurstbereitung (Schweineblut). Das Rinder-, Kälber- und Pferde-
blut aber läßt man zum größten Teil in die Kanalisation ablaufen.
Jährlich fallen zwischen 50 und 70 Millionen kg Rinder- und Pferdeblut auf
deutschen Schlachthöfen an. Nur 10 %, davon finden wirtschaftliche Verwertung
Ungefähr 50 Millionen kg Blut gehen somit jährlich in
Deutschland verloren!
Da hierin 20%, Eiweißstoffe enthalten sind, so fließen im Jahre
10 Millionen kg Eiweiß in die Kanalisation.
Dabei führen wir andererseits große Mengen tierisches Eiweiß ein (Gefrier-
fleisch, Fische und Futtermehle).
Man vergesse nicht, daß es sich hier um das Eiweiß handelt, das zu den
hoch- und vollwertigsten Eiweißstoffen gehört. (Geronnenes Blut enthält 6%
Serumeiweiß, 0,5% Fibrin und 12%, Plasmaeiweiß in Gestalt der roten Blut-
körperchen des Blutkuchens.)
Trotz dieser riesigen Werte ist bis heute keine allgemeine und lohnende Ver-
wertung durchgeführt worden. Nur an einigen wenigen Verarbeitungsstätten
gewinnt man bis heute:
Fibrin zur Herstellung pharmazeutischer Produkte, Nährmittel und Mast-
futter.
Serum zur Herstellung von Keks, Süßwaren, in der Textilverarbeitung
(Druckerei und Färberei), in der Chemie und Bakteriologie als Klärungs-
mittel, in der Photoindustrie, Kunst-, Leder-, Seifen- und Leimindustrie.
Blutkuchen zur Herstellung von Knöpfen, Kunsthorn, Kunstholz, Futter-
mitteln.
Den größten Anteil dieser Produkte könnte man aus dem anfallenden Pferde-
blut gewinnen, so daß das gesamte Rinder-, Kälber- und Schafblut für die
menschliche Ernährung freigemacht würde. Und diese Blutarten nehmen den
größten Teil der 50 Millionen kg Blut oder 10 Millionen kg Eiweiß ein.
Eine Verwertung wäre allein schon die Herstellung von Blutmehl in einem
einfachen Verfahren. Man fängt das gesammelte Blut auf, trocknet auf Darren
oder in Röhrtonnen zu einem Pulver oder nimmt die Trocknung in Vakuum-
und Zerstäubungsbehältern vor. Durch den hohen Eiweißgehalt ist das Blut-
mehl nämlich ein wertvolles Futtermittel insbesondere für Schweine und Ge-
flügel, und könnte auf diesem Wege in genußfertiges Eiweiß umgesetzt werden.
Sogar als Düngemittel würde das Blutmehl letzten Endes wieder im End-
produkt für die Ernährung wichtig sein, wenn auch die Abgabe als Futtermittel