Full text: Luftfahrten im Frieden und im Kriege

  
  
Militäriſche Verwendung. 93 
  
  
Lehranſtalt abhält, iſt es niht getan. Die Hauptſache, außer dem 
praktiſchen Anſchauungsunterricht im Ballon ſelbſt, iſt die Er- 
ziehungzurGewiſſenhaftigkeit auch bei den kleinſten 
Verrichtungen. Am Tage vor einem Aufſtieg muß der Offizier 
das Kleben der Reißbahn überwachen, das von zwei Mann unter 
Leitung eines Unteroffiziers ausgeführt wird; das große Pflaſter 
und die Ränder des Ballonſchlizes müſſen von den Kruſten alt- 
badener Gummilöſung vollſtändig befreit ſein, beim Aeukleben 
ſind Falten und Blaſen zu vermeiden und mit dem Glätteiſen 
wegzuſtreichen. Reißleine und Ventilleine — erſtere iſt fnallrot, 
hat alſo die Farbe der „Gefahr“, damit ſpieleriſhe Hände im 
Ballonkorb ihr fernbleiben — werden auf Zugfeſtigkeit geprüft, 
indem zwei Mann ſie an den beiden Enden pa>en und auf „Zu — 
— gleich !“ aus Leibeskräften Tauziehen mimen. Vor allem aber 
wird die Hülle des Ballons, die zu dieſem Zwe aus einem 
Ventilator mit Luft aufgeblaſen wird, im Fnnern genau ſo unter- 
ſucht, wie von außen. Der Offizier, mit Filzpantoffeln angetan, 
wie der Beſucher eines königlichen Schloſſes, kriecht durch den 
Füllanſaß hinein, wobei bei Herren von gewiſſem Leibesumfang 
kräftig nachgeholfen werden muß, und ſteht nun in einer trans- 
parenten gelben Rieſenhalle, die von zerſtreutem Licht gedämpft 
und wunderſam erleuchtet wird. Feder Quadratmeter Stoff 
wird beaugenfcheinigt, indem man, nach dem Vorbild des Eich- 
börnchens in der Drahtteommel, vorwärts geht und ſo allmählich 
das ganze gelbe Haus um fich rotieren läßt. Fede etwa faden- 
iheinige Stelle wird dabei entdedt und fofort ausgebefjert. Dann 
kann man in Ruhe der Füllung zur Fahrt entgegenſehen. 
Für die Fahrten ift, ganz abgeſehen von den Zeiten des Über- 
fluſſes, wo ein zu entleerendes Luftſchiff ein paar tauſend Kubit- 
meter hergibt, für gewöhnli<h mindeſtens dreimal wöchentlich 
genügend „ausexerziertes Gas“ vorhanden. Wenn der 
Feſſelballon einige Tage ſeine Aufſtiege gemacht und nachts ge- 
füllt in feiner Halle gelegen hat, ift das Gas bereits mit Luft 
fo weit untermifcht, daß er nicht mehr genügend Auftrieb hat, 
um am fchweren Ötahltabel feine volle Steighöhe zu erreichen. 
Dann wird das Gas in einen Freiballon „umgedrüdt“, er wird 
gefüllt, indem man den tragenden Jnhalt des Feſſelballons durch 
einen breiten Schlauch, der die beiden Luftfahrzeuge verbindet, 
  
  
  
  
  
 
	        
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