Full text: Luftfahrten im Frieden und im Kriege

  
  
  
132 Jm Luftſchiff. 
  
  
oder Vertikalen bemerkt. Fn feinem Lederwams da vorne der 
Steuermann, der blonde Rieſe aus Friesland, der früher ſein See- 
iff in allen Meeren tummelte und jeßt wohl ſchon über 200 
Fahrten im „Parſeval“ hinter ſich hat, was iſt das für ein Pracht- 
kerl in ſeiner ruhigen germaniſchen Kraft! Das Steuerrad iſt wie 
ein Kinderſpiel in ſeinen Fäuſten. Der Schnurrbart flattert ihm 
um die Baden, wie Flaggen im Sturm, das hellblaue Auge aber 
ſchaut in unerſchütterlicher Ruhe und Klarheit geradeaus, als wolle 
es den nächſten Richtungspunkt, das nächſte Hilfsziel, das der Führer 
angegeben hat, feſthalten, wie der Magnet das Eiſen; man hat 
den Eindrud, als ob, von dieſem Blicke gebannt, das Ziel ſich auf 
einen zuſtürze, als ob wir die Kilometer verſchlängen. Und der 
Führer ſelbſt ein Mann, wie wir ſie von unſeren Ozeandampfern 
her kennen, verbindli<h und freundlich, zu jeder Auskunft bereit, 
niht nur Kommandant, ſondern auch Gaſtgeber, und doh auch 
in jedem Moment im Dienſte, ſtets mit allen Sinnen geſpannt 
und auf die leiſeſte Änderung der Gleichgewichtslage reagierend. 
Dann ſein Stellvertreter, dem die Bedienung der Ballonets ob- 
liegt, die das Höhenfteuer erjegen, — auf den „vier Saiten ſeiner 
Geige“, den vier Zugſchnüren für Ventile und Ventilator iſt er 
in ſeiner Art ein Meiſter. Ebenfalls faſt unzählige Male erprobt 
ſind die zwei Mechaniker, die die beiden Motoren des Luftſchiffes 
unter ihrer Aufſicht haben und ſie mit allen ihren Eigenheiten ſo 
kennen, wie nur je eine Mutter ihr Kind; auch die geringſte auf- 
ſteigende Unart wird {hon im voraus erkannt und — pariert. 
Draußen in Fohannisthal auf dem weiten Felde, auf dem noh 
hie und da Schnee in der Morgenſonne ſilbrig erglänzt, erfüllt 
ein Surren und Klingen und Singen die Luft, denn wie die Müden 
ihwirren Flieger einher, alte Meiſter und junge Prüflinge. Da 
iſt unſer bauchiger Rieſe, der „P. L. 6“, doch ein behäbigerer Ge- 
ſelle! Die großen Schlauchſä>ke an beiden Seiten der Gondel werden 
mit Waſſerballa ſt gefüllt, das Luftſchiff wird „abgewogen“ 
und gleitet hinaus aus der Halle. Die Motoren werden angekurbelt, 
das hintere Ballone t erhält durch den Ventilator feine gehörige 
Portion Luft, ſo daß die nun nur mit Gas gefüllte, alſo leichtere 
Spite des Lufticiffs fich hebt, — und im Moment, in dem die 
Propeller zu wirbeln beginnen, treiben ſie rein dynamiſch das 
Luftſchiff empor, „faſt beängſtigend ſteil“, wie die untenſtehenden
	        
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