Full text: Luftfahrten im Frieden und im Kriege

  
  
„Slüd ab!“ 3 
  
  
rinnen, einmal wieder auf Muskeln und Sehnen, auf ſcharfes Auge 
und bligichnellen Entſchluß angewieſen zu fein, einmal wieder 
ein Mann fein zu dürfen, der lachend mit Gefahren würfelt und 
deſſen Bruſt ſich weitet im Ringen mit den Elementen. Aus der- 
ſelben Wurzel erwächſt die Sehnſucht aller männlichen Völker 
nach dem Kriege. Fn einer Schule, in der es nie Extemporalien, 
Prüfungen, Zenſuren, Berſezungen gäbe, würden die Zöglinge 
bald nichts mehr leiſten. Wettbewerb, Krieg, Sport macht ſtark 
und geſund. Auch ein Mutterherz kann das verſtehen. Nnd dann 
klingt das „Glück ab!“ wie ein Fauchzen. 
Am 16, April 1910 wurde der in Bitterfeld unter Karl 
2ufts Führung aufgejtiegene Freiballen „Delißfch“ vom 
Blitz getroffen, und Führer und Mitfahrer wurden nach dem Ab- 
jturz als Leichen bei Reichelfachfen gefunden. Ein jähes Entjegen 
padte die Laienwelt vor dem „immer lebensgefährlichen“ Ballon- 
ſport, und die Zahl der Fahrten nahm in den nächſten Monaten 
merklich ab; daß in derjelben furchtbaren Gewitternacht anderswo 
verſchiedene Leute auf freiem Felde vom Blike erſchlagen waren, 
beachtete das große Publikum kaum, ließ ſih auh durch die Er- 
Härung von Fachleuten nicht beruhigen, dag man im Freiballon, 
jobald er die Luftelektrizität nach kurzer Zeit angenommen hat, 
relativ am ungefährdetiten ift und nur in außerordentlichen Aus- 
nabmefällen getroffen werden kann. 
Die Mutter aber, Frau Marie Luft, veröffentlichte in den 
Blättern folgende Sodesanzeige, die mit goldenen Lettern in das 
Buch der Luftfahrten eingezeichnet zu werden verdient: 
„Die Gewißheit, daß das lette Lebensjahr meines lieben 
Sohnes fein glüdlichjtes und ihm der Flug in die Lüfte der höchfte 
und reinſte Genuß war, verleiht mir Kraft, das Furchtbare zu 
ertragen. Sehnſüchtig ging er von Haufe fort und beglüdter 
kehrte er ſtets zurü>. Seiner Mutter hat er es immer gedankt, 
daß ſie ſeiner Sehnſucht Berſtändnis entgegenbrachte und nicht durch 
kleinliche Sorgen ihm die Freude verdarb. Nur das Bewußt- 
ſein, daß dieſer jähe Tod ein vollbefriedigtes Leben geendet, 
und es mir vergönnt geweſen, es ihm lieb und in ſeinem Sinne 
lebenswert zu machen, hält mich aufrecht.“ 
1% 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.