Full text: Luftfahrten im Frieden und im Kriege

   
  
  
  
  
  
Fm Flugzeug. 
  
  
Damit überkommt den alten Ballonfahrer aber auch die große 
Ruhe, denn nun hat man erſt die richtige Diſtanz zu den Dingen. 
Beim Überfliegen der Spree liegen das Kabelwerk und die andern 
Fabriken ſchon ſo tief unter uns, daß ſie ſih nur langſam zu ver- 
ſchieben ſcheinen, niht mehr raſend vorüberſtürzen; man fann 
genau ſo beobachten, wie aus dem Luftſchiff heraus in voller Fahrt 
oder aus dem Freiballon bei ſtarkem Winde. Fch gewöhne mich von 
Sekunde zu Sekunde mehr an das gegenwärtige Daſein, ſehe voll 
Fntereſſe auf das winzige hellgraue Knöpfchen hernieder, das ſich 
unten auf der Erde Bismar>warte auf den Müggelbergen nennt, 
überſchaue den See, äuge weiter voraus die glitzernde Kette der 
Spreegewäſſer entlang und tue bereits „ganz wie zu Hauſe“, habe 
mich auch ſchon nah dem Führer umçeſehen und ihm zugerufen: 
„Einfach famos!“ Aber der 90-Kilometer-Wind unſerer Eigen- 
bewegung reißt mir die Worte vom Munde, und der Propeller 
peitſcht ſie heulend in Feten, daß ſie ungehört ins All zerflattern, 
und während ich fie noch wiederholen will, muß ich auf einmal 
mich feſthalten, denn mir ift, als falle der Sig mit dem 
Flugzeuguntermirwegins Bodenloſe: entweder 
jind wir in ein „Luftloch“ geraten oder von einer Bö hinunter- 
gedrüdt, jedenfalls ift es urplöglich gut 60 Meter abwärts gegangen 
und gleich darauf ſchwingt eine unbekannte Macht uns wieder 
empor. Wer das als Neuling erlebt und dann noch von dem „Ge- 
fühle abſoluter Sicherheit“ ſpricht, der überſchreit ſicherlich ſeine 
eigene Herzensmeinung. Aur ein Spazierflug bei ausgeſucht 
ſchönſtem Wetter, bei vollklommen gleichmäßiger Luftfchichtung 
und nahezu Windſtille kann einem derartige Anforderungen an den 
ſeeliſchen Gleichmut erſparen. Der zweifellos beſte unſerer Herren- 
flieger vom Zivil, der WMotorfahmann Helmuth Hirth, 
der auf der Rumpler-Taube ſeine faſt ununterbrochene Reihe 
von Siegen erfochten hat, einem Fahrzeug, das zu den ſtabilſten 
unter allen vorhandenen gehört, iſt jedenfalls nicht einer von denen, 
die alles für Kinderſpiel erachten. Auf ſeinem glänzenden Fluge 
München-Berlin hatte er bis Leipzig eine fo „gemütliche“ Reife, 
daß er fih die Zeit duch Bigarettenrauchen und Leſen einer 
heimiſchen Zeitung vertreiben konnte; die Taube flog bei dem fchönen 
Wetter einfach unbeirrt gradeaus weiter, als rolle ſie auf feſtem Ge- 
leiſe dahin. Jn Leipzig war einſtündiger Aufenthalt zum „Nachfüllen“ 
  
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
  
  
  
  
  
  
  
   
    
  
  
  
  
   
    
   
  
  
  
  
  
	        
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