Full text: Luftfahrten im Frieden und im Kriege

  
   
  
  
  
30 Jm Freiballon. 
  
  
aus den Wolken gefallen waren. Ein kleiner Tagesflug führte 
uns über Küſtrin mit ſeinen uralten und darum geometriſch ſo hübſch 
gezeichneten Forts gen Oſten, über den Warthebruch hinweg. 
Schließlich landeten wir in einer Waldlichtung inmitten meilen- 
weiter Forſten und erhielten mit Mühe durch einen endlich auf- 
getriebenen Holzfäller, den wir als Boten wegſchi>ten, einen zwei- 
ſpännigen Leiterwagen, auf dem die wohlverpa>te mächtige Hülle 
des Freiballons, wie ein unförmliches Kleiderbündel, und daneben 
der große Korb, in dem die übrigen Requiſiten Pla gefunden 
hatten, verſtaut waren, dazwiſchen maleriſch und etwas verfroren 
wir vier Luftfahrer. Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis wir an 
die nächſte menſchliche Siedelung herankamen. Bor dem volk- 
reichen Dorfe entde>ten uns ein paar Buben und raſten mit 
Happernden Bantinen davon: „DieTSheaterleit’fumme!“ 
Das elektriſierte die ganze Ortſchaft, die Burſchen ſammelten 
ſich bei unſerem Einzug zu Hauf, muſterten uns aber ſehr ent- 
täuſcht, und einer trat heran und fragte: „Wo habt a denn 
de Mächens?“ Ach, ſo. Man kann Fauſt nicht ohne Gretchen 
ſpielen und die Jungfrau von Orleans nicht ohne Jungfrau. 
Aber nach Aufklärung des Frrtums war die Aufnahme doch 
herzlih. Überhaupt kann man ſi< auf dem Lande nie be- 
Hagen. Schlimmer iſ es unter induſtrieller Bevölkerung. 
Bei einer Landung in Schleſien im Glashüttengebiet um- 
ſtanden uns Arbeiter, ohne einen Finger zu rühren; ſelbſt gegen 
ein Trinkgeld von 1!/, Mark wollte ein Mann das Landungs- 
telegramm nicht zum wenige Kilometer entfernten Dorf bringen. 
Wir ſeien alle „Millioneſer“, erklärte ein Genoſſe in e<htem Gerhart 
Hauptmann-Schleſiſch, das uns im Deutſchen Theater beſſer ge- 
lungen hatte, und unter 20 Mark täte man für uns nichts. 
Eine andere Fahrt in genau derſelben Luftlinie, die aber {hon 
im Spreewald endete, brachte uns mit ganz anderen Eingeborenen 
in Berührung. Der marokkaniſche Sondergeſandte 
Ben Aſus, der bekannte Führer des Marokkoſyndikats Rein- 
hard Mannesmann und deſſen junge Frau, die ihm auf gefährlichem 
Ritte durch das aufſtändiſche Rif und bei Sturmfahrten in der 
tollſten Meeresbrandung zur Seite geblieben war und auch in der 
Luft mit ihm ſich freuen oder untergehen wollte, waren für den 
Ballon angemeldet. Es hatte aber ſehr, ſehr lange gedauert, bis 
  
  
	        
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