Full text: Luftfahrten im Frieden und im Kriege

   
  
  
   
51 
Zwei Tage über und in Ungarn. 
  
  
fie wunderlich lebendig und zeigt früher nicht geahnte Reize, 
die man wie einen #öftlihen Trunt in der Erinnerung fchlürft. 
Gleich hinter dem Gebirge kreuzen wir fchräg das Talder 
Waag. Wir können mit unferen Augen ihren mäanderartigen 
Ichlanten Oberlauf bis hoch in ihren ſteilen Horſt verfolgen, und ebenſo 
verfolgen wir ihr weiteres Leben bis in ihre Reifezeit in der Ebene, 
wo ihre Formen ſchon ſchwellen und ſie mit breit ausladenden Hüften 
ſich wiegt. Aber auch ihre Tiefen muß ſie vor den grauſamen Spähern 
der Lüfte enthüllen, denn von oben herab ſieht man bis auf den 
Grund, und jede Bank, jeder Strudel, jedes Wühlbett markiert ſich 
durch andere Färbung. Man bekommt Luſt, hier einmal im Sommer 
ſeine Zelte aufzuſchlagen; denn überall iſt Leben auf dem Fluſſe, 
mächtige Flöße ſchießen talwärts und ſteuern kunſtvoll um die Win- 
dungen, hübſche lebendige Städtchen, prächtige Burgen und alters- 
graue Schlöſſer grüßen von dem Ufer darein. 
Während Mephiſtos gelber Mantel, mit „Feuerluft“ gefüllt, 
wie zu Goethes Zeiten das Gas genannt wurde, uns weiterträgt, 
erfüllt plößlich feines Silbergerieſel die Luft. Es ſchneit. Einzelne 
Kriſtallflo>en tanzen zum Korbe herein, und wer eins von dieſen 
unendlich zartgliedrigen Dingern auf den Ärmel betommt, der be- 
trachtet es mit Liebe und ſcheuem Staunen, Wir Großſtädter 
wiſſen ja gar nicht mehr, wie wundervoll die Beräſtelungen ſolcher 
echten, richtigen. no< unbeſchwerten und reinen Schneeflode 
ſind. Wer ſie mit dem naſſen, klitſchigen, entarteten Geſchöpf, 
das wir in der Ebene kennen, auch nur in einem Atem nennt, der 
iſt wohl auch fähig, den durchbrochenen Seidenſtrumpf einer 
Pariſerin mit den FZußlappen eines mafurijchen Grenadiers zu 
vergleichen. 
Allmählih mag den Dickkopf unſeres „Berlin“ wohl ſchon 
ein artiges weißes Käpplein von Zentnergewicht de>en. Wir 
merken das daran, daß wir die Belaſtung durch ſtarke Ballaſtab- 
gabe ausgleichen müſſen, ſonſt ſänken wir tiefer. Wir wollen aber 
im Gegenteil noh höher. Wir möchten etwadieDonau 
entlang und über Ofen-Beft fliegen; und da- 
ber muß rebtsum gemadt werden. Ein Gad 
Ballaſt nach dem andern wird geleert und fliegt als Staubwöltchen 
zur Erde, während wir in ſehs Minuten uns um 2000 Meter 
höher emporſchwingen, eine ſauſende Fahrt, von der wir weiter 
4* 
   
   
  
     
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
    
     
    
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
   
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.