„Hoffen Scheveningen anzukreuzen.“ 63
birgsſto>es, das wir am nächſten Tage von der Papierrolle des
Barographen einfach ableſen können. Der eben noch blutrote
Mond dort hinter den {warzen Wäldern ift wach geworden und
übergießt uns nun mit kalkweißem Licht. Fede Schlucht, die wir
überfliegen, iſt auf der Lichtſeite ſilbergrün, und um ſo [hwärzer
ſtarren auf der andern Seite die Schatten. So frühlingshell wie
junger Laubwald ſehen im Märchenſcheine des Nachtgeſtirns die
Tannen aus. Dann gleiten wir wieder abwärts und ſind von neuem
über der geſchäftigen Ebene, Städte leuchten empor, auf Bahn-
linien regt ſich Leben, und dumpfes Brauſen verdichtet ſich über
den Knotenpunkten des Verkehrs.
Ein glühend heißer Auguſttag hat der Nacht ſeinen Überſchuß
gelaſſen. und ehe ſie ihn aufbrauchen kann, kommt mit neuer Wärme-
menge der nächſte Tag. Diesmal geht dem Sonnenaufgang keine
Kühle voran. Niemand von uns drei Luftfahrern will von einer
Taſſe heißen Kaffees etwas wiſſen, aber die 18 Flaſchen Selters-
waſſer, die im Korbe verſtaut ſind, müſſen wir von vornherein
ſorglich einteilen, wie der Wüſtenpilger ſeine Schläuche. Erſt um
Mittag, wenn die Sonne mit ſengender Glut herniederbrennt,
wird vermutlich das Meeresufer unſerer Fahrt ein Ziel jeßen,
und flaut der Wind ab, fo dauert es noch länger. Um 7 Uhr morgens
jegeln wir über Münfter in Weftfalen, troß unferer Mittel-
gebirgshöhe ſchon in beträchtlicher Wärme, einher, fo daß man am
liebjten in Hemdsärmeln fähe, Einer der Rorbgenpffen freut ſich
nicht wenig, denn — es iſt die Vaterſtadt, die unter uns
liegt; er nennt uns jeden Kirchturm, zeigt uns das Elternhaus,
das Gymnaſium, auch die Stätte, wo Sonntags die Herren Ober-
primaner ein Glas Bier zu trinken pflegten, fo ein recht fehönes
kühles Münchener (,„Herrrr, nun ſagen Sie blos noch Spiaal !“),
er weiſt uns die Wege zum Lieblingsausflugsort und iſt ganz ge-
rührt über das Geſchi>, das uns juſt dieſen Wind beſcherte. Da-
von müſſen wir unbedingt dem andern Münſteraner, der in Berlin
zurü>geblieben iſt, ſofort Kunde geben, eine Depeſche wird
aufgejeßt, nebit dem nötigen Gelde in Briefmarken in ein
totes wajjerdichtes Bapierfädchen getan und dann, an einem Fall-
\ſhirmaus Seidenpapier befeſtigt, über Bord geworfen.
Auf dem Sädchen ſteht die gedrudte Aufjehrift, der Finder möge
freundlichſt die Beförderung zur Poſt übernehmen. Wir kennen