Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

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Allgemeine Therapie. 89 
fallen zwar die Nähe des Patienten bei der Apotheke, die verhältniss- 
mässig kleine Dose des Giftes und das Alter des Patienten bei der prog- 
nostischen Erwägung als günstige Momente schwer in die Wage, aber 
dieselben werden dennoch durch die ungünstigen Momente weit über- 
wogen, denn das aufgelöste Gift konnte in 24 Stunden völlig resorbirt 
sein und hatte wirklich eine schwere Affection des Nervensystems ver- 
anlasst, die mit den ungünstigsten Anzeichen verknüpft war. 
XIV. Allgemeine Therapie der Intoxikationen. 
$. 140. Bei der Behandlung der Intoxikationen kommen im Allge- 
meinen alle die Grundsätze und Regeln in Betracht, welche bei der Be- 
handlung acuter und chronischer Krankheiten zur Geltung gelangten. Vor 
allen Dingen hat man dahin zu trachten, dass man eine klare Vorstellung 
und Kenntniss sowohl von der Dose und Qualität des: einverleibten Giftes, 
als von der Natur, der Tiefe und dem Umfange der zu behandelnden Vergiftung 
erlangt. Je vollständiger diese Kenntniss und Anschauung ist, und je ge- 
nauer dieselbe der Wirklichkeit entspricht, um so mehr darf man hoffen, 
die geschehene Intoxikation einsichtsvoll und sachgemäss zu behandeln, 
um so mehr darf man hoffen, alle die Indikationen stellen und realisiren 
zu können, welche die sichere Heilung der Intoxikation erheischt. 
A. Behandlung acuter Intoxikationen. 
$. 141. Wie es scheint, ist es am zweckmässigsien die Grundsätze 
und Regeln, welche das Thun und Lassen des Arztes bei acuten Vergif- 
tungen bestimmen, an folgende 4 generelle Fälle anzuknüpfen: 
1) Die Hülfe des Arztes wird während, oder kurz nach der Appli- 
kation eines Giftes in Anspruch genommen, jedenfalls vor dem Erschei- 
nen erheblicher örtlicher oder constitutioneller Intoxika- 
tionserscheinungen. In diesem Falle wird die prophylactische 
Behandlung der Intoxikationen gefordert. 
2) Die Hülfe des Arztes wird nach der Applikation des Giftes zu 
einer Zeit verlangt, zu welcher das Gift nur erhebliche toxische 
Wirkungen an der Applikationsstelle, dagegen unerhebliche 
entfernte Wirkungen verursacht hat. In diesem Falle wird die Behand- 
lung der Localintoxikation angezeigt. 
3) Die Hülfe des Arztes wird nach der Applikation des Giftes zu ei- 
ner Zeit verlangt, zu welcher die constitutionellen Wirkungen 
mit oder ohne örtliche Wirkungen aufgetreten sind. In diesem 
Falle ist die Behandlung der constitutionellen Intoxikation 
mit oder ohne Lokalintoxikation gefordert. 
4) Die Hülfe des Arztes wird gesucht, nachdem die acute Intoxika- 
tion bis zu einem bestimmten Stadium verlaufen ist, und zwar zu einer 
Zeit, zu welcher nur noch Residuen und Folgen der Vergiftung 
bestehen. In diesem Falle ist die Behandlung der Intoxikations- 
Residuen und Folgen angezeigt. 
1. Prophylaktische Behandlung der Intoxikationen. 
$. 142. Wird die Hülfe des Arztes, während oder kurz nach der 
Applikation eines Giftes, jedenfalls vor dem Auftreten erheblicher toxi- 
scher Erscheinungen in Anspruch genommen, so kommt Alles darauf an, 
die Indicatio causalis et prophylaxeos zu erfüllen, welche verlangt, dass 
 
	        
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