Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

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Zittern derGlieder bald nach. Eben so beruhigen sich die Muskeln, wenn 
der Patient hinreichend gestützt auf einem Stuhle sitz. Am merkwürdig- 
sten ist indessen der beruhigende, oder besser gesagt, der nervenstär- 
kende Einfluss der Spirituosen. Betrinkt sich der Patient, so gewinnen 
nicht selten alle Bewegungen des Körpers an Sicherheit, so dass der Un- 
glückliche nicht selten befähigt wird ein gefülltes Glas sicher zu halten 
und sicher zum Munde zu führen. 
$. 78. Neben diesen Leiden des animalischen Muskelsystems findet 
man an den Patienten meistens die Zeichen ausgesprochener Merkurial- 
kachexie. Die Haut des Patienten ist gewöhnlich erdfahl und trocken, 
jedoch von gewöhnlicher Temperatur. Das Zahnfleisch und die Zähne 
sind nicht selten leidend. Zuweilen ist Speichelfluss vorhanden. Die Zunge 
des Patienten ist nicht selten belegt, wobei Appetitlosigkeit besteht. Die 
Pulse sind gewöhnlich schnell und bald klein und schwach, bald gross 
und stark. Uebrigens sind dieselben wegen des Zitterns schwer zu fühlen. 
Nicht selten sind die Respirationsorgane mitergriffen, so dass Dyspnoe 
und Asthma vorhanden sind. Leidet das Nervensystem und besonders 
das Gehirn in bedeutender Weise, so gesellen sich Schwindel, Schaflosig- 
keit, momentane Bewusstlosigkeit, Epilepsie, Manie, Idiotie zu den übrigen 
Leiden. 
Einmal zur Ausbildung gekommen, hält das Merkurialzittern in der 
Regel sehr lange Zeit an, und widersteht öfters hartnäckig allen Heilver- 
suchen. Zuweilen gelingt es den Patienten vom allgemeinen Zittern zu 
befreien, aber selten den unsichern Händen des Patienten die frühere 
Ruhe und Sicherheit wieder zu geben. Zuweilen lässt das Zittern mit der 
Zeit von selbst nach, aber an die Stelle desselben tritt alsdann Lähmung. 
Diese sowie die Merkurialkachexie und die complicirenden Hirnleiden kön- 
nen zum Tode führen. 
DIAGNOSE. 
$. 79. Eine Verwechselung des Merkurialzitterns mit Säuferdelirium 
und chronischem Alkoholismus ist wohl möglich, aber bei Beachtung der 
Symptome der Merkurialkachexie meistens zu verhüten. Freilich sind die 
mit Quecksilber umgehenden Individuen zuweilen Trunkenbolde, wodurch 
die Diagnose recht erschwert sein kann. Von der Chorea ist das Merku- 
rialzittern zu unterscheiden, wenn man den Patienten im Bette liegend 
untersucht, denn die durch Merkur leidenden Muskeln kommen in gestütz- 
ter Lage zur Ruhe, was bei dem Veitstanz nicht der Fall ist. 
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URSACHEN. 
$S. 80. Wie schon oben bemerkt wurde, entsteht das Merkurialzit- 
tern meistens durch Einwirkung von Quecksilberdämpfen, seltener durch 
chemische Quecksilberpräparate. Ob übrigens noch andere Ursachen zur 
Entstehung des Leidens beitragen, ist nicht aufgeklärt. Wie*es scheint, 
ist die Prädisposition verschiedener Menschen zu der Krankheit verschie- 
den, denn manche, den Quecksilberdämpfen ausgesetzte Handwerker wer- 
den sehr rasch, manche sehr spät oder gar nicht von dem Merkurialzittern 
ergriffen. Diese Verhältnisse finden vielleicht darin ihre Erklärung, dass 
manche Menschen das zugeführte Quecksilber rascher und vollständiger 
ausscheiden als Andere, was indessen noch recht sehr der weiteren Unter- 
suchung bedarf. 
 
	        
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