Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

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Merkurial-Erethismus.. 139 
Quecksilberdämpfe eingeathmet haben. Die Symptome, unter welchen das 
Leiden auftritt, sind in nichts von denen der gewöhnlichen Chlorose ver- 
schieden (siehe Bd. I. S.433.). Speichelfluss und merkurielles Mundleiden 
können dabei vollständig fehlen, so dass man sich wegen der Genese an 
die annamnestiischen Verhältnisse halten muss. Der Verlauf der Krank- 
heit zeigt von dem der gewöhnlichen Chlorose keine Abweichung. 
Um das Leiden zu heben, entfernt man den Patienten bald möglichst 
aus der Merkurialatmosphäre, hält die Ausleerungen des Patienten durch 
harntreibende und gelinde abführende Mittel in vollem Gange, damit die 
Elimination des Quecksilbers vollständig geschehen kann und verordnet 
neben resiaurirender guter animalischer Kost Stahlwässer und Eisenprä- 
parate, die den individuellen Verhältnissen des Patienten entsprechend 
auszuwählen sind. 
s) Merkurialerethismus. (Erethismus mercurialis.) 
$. 86. Der Name dieser Krankheit ist von Pearson geschaffen 
worden, der im Ganzen freilich wenig bezeichnend ist. Schönlein hat 
die Krankheit, wie es scheint, ohne genügenden Grund für eine Carditis 
erklärt. Canstatt betrachiet die Krankheit in Uebereinstimmung mit 
Marshall Hall als eine acute Anämie, womit bei den Mangel genügen- 
der Kenntnisse von der Krankheit wenig gefördert ist. Vor der Hand 
dürfte der Pearson’sche Name trotz seiner Mängel beizubehalten sein, bis 
es der künftigen Forschung gelingt über die Krankheit ein helleres Licht 
zu verbreiten. 
SYMPTOME. 
&. 87. Nachdem kürzere oder längere, Zeit Quecksilber zugeführt 
worden ist, bildet sich ein chloroiischer Zustand des Körpers aus, der 
sich vorzüglich in dem bleichen Gesichte, aber auch anderwärts ausspricht 
und von grosser Unruhe, Seufzen und Gähnen und anderen Störungen in 
der Respiration und Cireulation begleitet ist. Die Respiralion erscheint 
frequenter, während die Brust opprimirt und von einem Gefühle von Ein- 
schnürung befangen gehalten wird. Dazu gesellt sich ein Gefühl von häu- 
figem Flattern in den Präcordien, während die Pulse klein, frequent und 
nicht selten intermittirend sind. Schreitet die Krankheit weiter fort, so 
nimmt die bereits vorhandene Adynamie immer mehr zu, während ein 
aus den Präcordien stammendes Angsigefühl immer mehr anwächst. Ebenso 
vermehrt sich das Seufzen und Gähnen, das Flattern und Klopfen des 
Herzens. Die Thätigkeit des letzteren wird überhaupt sehr unregelmässig, 
so dass während des 'Schlafes die Herzschläge äusserst schwach befun- 
den werden. Zu allen diesen Leiden gesellen sich allmälich noch Zittern 
des Körpers, Verlangen nach säuerlichem Getränke, zuweilen Erbrechen, 
Ohnmachten, blasses collabirtes Gesicht, Gefühl von Kälte im ganzen Kör- 
per und ausserordentliche Schwäche. Der Tod macht nicht selten ganz 
unerwartet und plötzlich dem Leiden ein Ende, indem der Patient nicht 
selten bei einer heftigeren Anstrengung, bei einem Gange durch die Stube, 
beim plötzlichen Aufrichten im Bette vom Tode übereilt wird. Zuweilen 
führt die Krankheit zu partieller Lähmung, die sich indessen rasch über 
den ganzen Körper verbreitet und den Tod herbeiführt. 
URSACHEN. 
$. 88. Diese Merkurialkrankheit stellt sich meistens im Laufe von 
Schmiereuren ein und besonders unter solchen Verhältnissen, in welchen 
 
	        
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