190 Falck, die klinisch wichtigen Intoxieationen.
danach die Application des Oels zu wiederholen. „Manchmal, berichtet
Tanquerel, zeigt sich schon am Tage der ersten Anwendung des Cro-
tonöls eine überraschende Besserung. Jedoch sind die Ausleerungen am
Tage, wo die erste Dose genommen wurde, gewöhnlich halbflüssig, nicht
sehr reichlich und selten; zuweilen bleiben die Ausleerungen völlig aus
und es tritt blos heftiges Erbrechen ein. Die zweite Gabe macht aber ge-
wöhnlich 3, 4, 5, 6, 12, 20 Stühle und entleert eine ziemliche Menge har-
ter scybalöser Fäcalmaterien. Am Tage nach der zweiten Dose hört die
Kolik oft ganz oder fast ganz auf. Am 3., 4., 5. Tage verschwinden vol-
lends alle Erscheinungen der Krankheit. Wird das Crotonöl, was zuwei-
len passirt, immer ausgebrochen, so versucht man Crotonölklystire; er-
weisen sich auch diese wirkungslos, so muss man zu andern Mitteln seine
Zuflucht nehmen. Tanquerel betrachtet die Behandlung der Bleikolik mit
Crotonöl als die, welche am schnellsten und sichersten die Krankheit
heilt, und am zuverlässigsten vor Rückfällen und Cerebrospinalleiden schützt.
$. 182. 7) Combinirte Behandlung. — Ranke behandelte
die Bleikolik mit einer Menge von narcotischen und revulsorischen Mitteln
nach ganz besonderen Vorschriften *). 135 Patienten sollen dabei Alle in
durchschnittlich 12 Tagen geheili worden sein. Sieht man von den vielen
und kostspieligen Zuthaten ab, so besteht die ganze Behandlung haupt-
sächlich in einer reichlichen Anwendung von Belladonna, die sowohl äus-
serlich, als in Klystieren, als auch innerlich applieirt wird.
$. 183. 8) Empirische Behandlung. — Hierher gehört die
berühmte Behandlung des Pariser Charitespitals (Le traitöment de la Cha-
rit@ ou le Mochlique de la Charite), welche im Jahre 1602 von italieni-
schen Mönchen eingeführt und im Laufe der Zeit vielfach modifieirt wurde.
Der Ruf dieser Behandlung hat sich in Frankreich von Geschlecht zu Ge-
schlecht verpflanzt und nicht wenig dazu beigetragen dem Charitespitale
die Mehrzahl der bleikranken Handwerker zuzuführen. Der erste Arzt,
welcher über diese geheimgehaltene Behandlungsmethode sich (1751) öf-
fentlich aussprach, war Dubois, welcher zu ihrem Ruhme in folgende
Worte ausbrach: „tam facile, tam eito aegrum ad sanitatem reduximus. ..
Gaudet, valet, surgit, sanatus est aeger!... Tota curatio quatridui est!“
Nach Dubois haben fast alle Aerzte des Charitespitals die in Rede ste-
hende Behandlung ausnehmend gerühmt und selbst Tanquerel, welcher
derselben 345 Patienten unterstellte, sagt von ihr, dass sie einen positiven
und glücklichen Einfluss übe, dass sie die Dauer der Krankheit beschränke,
dieselbe schnell scheuche und die Recidive hindere. Weit davon entfernt
die Charitebehandlung als absolut sicher und niemals fehlschlagend zu
betrachten, erblickt Tanquerel in derselben eine Verwendung und Ver-
einigung der wirksamsten Mittel gegen die Kolik. Es besteht aber die
jetzige Charitebehandlung nach Tanquerel in folgendem:
Erster Tag. — Aqua Cassiae cum granis *), die einfache schweiss-
treibende Tisane **), des Morgens ein purgirendes +), Abends ein schmerz-
stillendes 77) Klystier; Theriae 777) 1 Unze, Opium 1 Gran.
*) Conf. Tanquerel.a..a. O0. S. 235—238.
**) Rp. Decoct. Tamarindor, (ex 3jj) Pfd. jjß; Tartar. stibiat. Gr. jjj.
*”*), Rp. Decoct. Guajac Pfd. jjß.
}) Rp. Infus. Sennae $xv; Natron’ sulfurie. 38; Mann. eleet, 3j; Pulv. Rad. Jalapp.
Gr. xxjv.
tr) Rp. Ol. Nuc. Jugl. Zjv; Vin. rubri Zx.
irr) Rp. Theriac, 3j; Extr. Opü Gr. j.
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