198 Falck, die klinisch wichtigen Intoxikationen.
als nächste Ursache des Bleizitterns könnte betrachtet werden. Dage-
gen hat man die affıcirten Muskeln in verschiedener Weise verändert
gefunden, was indessen nur von untergeordneter Bedeutung zu sein
scheint.
URSACHEN.
$. 201. Der Tremor saturninus entsteht, wie es scheint, durch Sa-
turation des Körpers mit Bleimolekulen. Nach Brockmann sollen In-
dividuen mit laxer Faser, schwacher Muskulatur und von sehr reizbarem
psychischem Wesen am geneigtesten zu dem Leiden sein, was mit den
Angaben anderer Forscher nicht ganz übereinstimmt.
DIAGNOSE.
$. 202. Eine Verwechselung des Tremor saturninus mit dem Tremor
mercurialis oder dem Tremor alkoholieus ist wohl möglich, aber beiBeob-
achtung der Symptome der Bleidyskrasie und Kachexie wohl zu ver-
hüten.
PROGNOSE.
$. 203. Die Prognose des Tremor saturninus, besonders wenn er
universell ist, hat nichts Günstiges, da das Uebel höchst lästig ist und
sehr häufig als Vorläufer fataler Bleikrankheiten (Lähmungen, Hirnleiden
u. 5, w.) erscheint. Günstiger ist die Vorhersage, wenn das Uebel par-
tiell ist und als Folge heftiger Beikolik zum Vorschein kommt.
BEHANDLUNG.
$. 204. Brockmann behandelt und heilt das in Rede stehende
Leiden durch Schwefelbäder, durch Application der kalten Wasserdouche
auf den Rücken, sowie durch den inneren Gebrauch kräftiger Nervina
(Arnica, Valeriana, Nux vomiea, Chinin u. s. w.). Sind die Patienten
ziemlich hergestellt, so beschliesst Brockmann die Cur mit aromatischen
Kräuterbädern, kalten Sturzbädern, sowie mit innerer Anwendung von
Eisenpräparaten (Tinctura nervino-tonica Bestucheffii, Ferrum carbonieum
etc.). Von der Eleetrieität und dem Galvanismus will Brockmann kei-
nen Erfolg gesehen haben. Melsens empfahl gegen das Bleizittern
ganz ausnehmend das Jodkalium. Auch Sassaparilla, Carex arenaria,
Holztränke, Kalmus, Chinarinde und Stahlwässer wurden gegen das Lei-
den mehrfach empfohlen. Wichtiger als alle Heilmittel ist der Aufenthalt
des Patienten in reiner frischer Luft, die Behütung desselben vor fernerer
Einwirkung der Bleidämpfe, die Darreichung kräfiig restaurirender anima-
lischer Nahrungsmitteln nebst gutem Bier und edlem Wein.
d) Saturnine Verkrümmungen (Contraeturae salurninae).
$. 205. Diese Affeetion entsteht durch Einwirkung von Blei und
bleihaltigem Blute auf die Flexoren der Muskulatur, welche in einen
tonisch-spasmodischen Zustand gerathen und darin Monate, Jahre, ja selbst
das ganze Leben hindurch verbleiben.
SYMPTOME.
$. 206. Ist die saturnine Contractur zur Ausbildung gelangt, was
ganz allmählich geschieht, so fühlen sich die affıeirten Muskelbäuche der
Flexoren wegen der darin auftretenden tonisch-spasmodischen Contraction
hart und geschwollen an, während die von den Flexoren beherrschten
Sy