Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

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Saturnine Gehirnleiden. 215 
theils in solchen Erscheinungen, welche mit der Alteration des Gehirns 
mehr oder weniger deutlich zusammenhängen und daraus hervorgehen, 
theils in solehen Erscheinungen, welche im Allgemeinen die toxische In- 
feetion des Körpers verrathen und zu den Erscheinungen der saturninen 
Dyskrasie oder Kachexie zu rechnen sind, theils endlich in solchen Er- 
scheinungen, welche zur Charakteristik der einen oder andern Bleikrank- 
heit (Kolik, Arthralgie, Lähmung u. s. w.) dienen. Sind die Vorläufer von 
letzter und vorleizter Art, so bemerkt man gewöhnlich das der Bleidys- 
krasie eigenthümliche Colorit der Hautdecken und der Augen, die eigen- 
thümliche Verfärbung des Zahnfleisches und der Mundschleimhaut oder 
wohl gar die prägnanten Erscheinungen der Bleikolik, der Arthralgie oder 
der Bleiparalyse, welche nicht selten um ein paar Tage der saturninen 
Cerebralaffeelion vorausgehen und mit dem Durchbruche der letzteren nicht 
selten völlig verschwinden. Sind die Vorläufer der ersten Art, so bemerkt 
man sehr häufig an dem Patienten einen ungewöhnlichen, erstaunten, schlaf- 
fen oder nachdenklichen Blick, während übrigens bald allgemeine, oder 
örtlich beschränkte Kopfschmerzen, bald Schwindel und Zittern, bald Schlaf- 
losigkeit oder unruhiger von Träumen und Hallueinationen unterbrochner 
Schlaf, bei dem die Kranken von Schrecken erwachend aufspringen, bald 
Ohrensausen, Flimmern vor den Augen, Doppeltsehen, Schwäche der Au- 
gen, Strabismus, Erweiterung oder Verengerung der Pupillen, bald ausser- 
gewöhnliche und ganz unmbotivirte Traurigkeit, Weinerlichkeit, auffallende 
Schweigsamkeit, Düsterheit, Gleichgültigkeit gegen die Umgebung, bald 
grosse Unruhe, geistige Aufregung, Furcht, Beklemmung, bald Stupor, Be- 
hinderung und Verlangsamung des Ideengangs und der Bewegung, bald 
Dysphagie oder ein Gefühl von Constrietion des Sehlundes zu constatiren 
sind. Da die Mehrzahl der saturninen Hirnleiden zur Nachtzeit zum Durch- 
bruch kommen, so ist man leider nur selten im Stande die erwähnten 
prodromalen Erscheinungen aufzufassen und als Motiv zu therapeutischen 
Eingriffen zu’benutzen, was um so fataler ist, als die ausgebildete satur- 
nine Cerebralaffeetion zu den gefährlichsten Krankheiten gehört. 
SYMPTOME. 
$. 250. Zum Durchbruch gekommen, stellt sich die saturnine En- 
cephalopathie in verschiedenen Formen dar, die wir in Folgendem wie 
besondere Krankheitsspecies nach ihren Symptomencomplexen genauer 
betrachten müssen. Ehe wir indessen darauf eingehen, wollen wir hier 
zunächst die Symptome zusammenfassen, welche den verschiedenen For- 
men von saturniner Cerebralaffeclion gemeinschaftlich zukommen. 
Der Stuhlgang der an saturniner Encephalopathie leidenden Indivi- 
duen ist gewöhnlich sparsam und angehalten, sellener zu einer Diarrhoe 
gesteigert. Der Urin der Patienten wird reichlich entleert, ist roth gefärbt 
oder eitronengelb und frei von Eiweiss. Die Respiration der Patienten ist 
bei Delirien beschleunigt, bei Coma langsam und röchelnd, bei Epilepsie 
zuweilen von Blutspeien begleitet. Der Puls richtet sich nach der Beschaf- 
fenheit der Respiralion und bietet häufig in der Zahl der Schläge keine 
Abweichung dar. Die Temperatur und Secretion der Haut ist nur bei fu- 
ribunden Delirien etwas verändert.” Der Appetit mangelt den meisten Pa- 
tienten und ist nur bei Individuen mit furibunden Delirien zuweilen etwas 
vermehrt. Das Verlangen nach Wasser ist fast bei allen Patienten gestei- 
gert. Die Nutrition des Körpers der Patienten kommt sehr schnell zurück, 
so dass in Zeit von einigen Tagen eine bedeutende Abmagerung zu be- 
merken ist. Doch schildern 'wir jetzt die einzelnen Formen, in welchen 
die saturnine Cerebralaffection aufzutreten vermag. 
  
 
	        
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