Vergiftungen durch Kleesäure. 974
ersten Wege eingeführt werden, ist aber fast immer durch Mitleiden ent-
fernter Organe complieirt.
ANATOMISCHE CHARAKTERE.
$. 378. Zeichen von Verätzung und Entzündung in dem Mnnde, dem
Schlunde und der Speiseröhre. Zeichen von Verätzung, Entzündung, Er-
weichung, Erosionen und Blutung, Perforation und Gangrän auf der Schleim-
haut des Magens. ‘Der submueöse Zellstoff derselben enthält nicht selten
zahlreiche Eechymosen. Die Schleimhaut des Darms bietet ähnliche Lä-
sionen wie die des Magens dar. Leber, Milz, Nieren, Herz und Lungen
sind mit dunklem unvollständig geronnenem Blute angeschoppt.
SYMPTOME.
$. 379. Intensiver saurer Geschmack, Verätzung und heftig brennen-
der Schmerz auf der Schleimhaut des Mundes, des Rachens, der Speise-
röhre und des Magens. Jede Berührung der lädirten Theile ist äusserst
schmerzhaft, besonders aber nehmen die Schmerzen des: Leibes beim Zu-
fühlen fürchterlich zu. Uebelkeit, Würgen und anhaltendes starkes Erbre-
chen stellen sich ein, und sind nur in selteneren Fällen ungenügend oder
mangelhaft. Die erbrochenen Massen enthalten Kleesäure, ‚sind dunkel ge-
färbt und zuweildn selbst mit Blut gemengt. Nach dem Verschlucken von
Flüssigkeiten oder von consistenten Dingen kehrt das Erbrechen lebhafter
und heftiger wieder, wobei die verschluckten Substanzen ausgeleert wer-
den. Ueber kurz oder lang leiden auch die entfernieren Organe unter
dem Einflusse des Gifies. In diesem Falle entsteht sehr bedeutende Ady-
namie, während die Pulse immer schwächer und weniger fühlbar werden,
die Stimme zuweilen durch Heiserkeit belästigt wird und die Respiration
auffallende Störungen erleidet. Nachgerade bedeckt sich die Haut mit
Schweissen, während die Gliedmassen immer kälter werden und an den
Nägeln eine livide Farbe erkennen ‘lassen. Wird das Nervensystem, was
nicht selten ist, mit afficirt, so treten mancherlei Leiden auf, die nach der
Menge des in das Blut getretenen Giftes und nach der Schnelligkeit der
Invasionen sich verschieden gestalten. Bald bemerkt man eine allgemeine
Erstarrung der Muskulatur, während eine auffallende Formication diesen
oder jenen Theil befällt. Bald bemerkt man Frostschauer und fieberhafte
Erregung, bald convulsivische Erschülterung oder ausgseprochene kloni-
sche oder tetanische Convulsionen. Bald stellt sich Anästhesie, comatö-
ser, parelischer oder paralytischer Zustand ein. Erfolgt der Tod in Folge
des Magen- und Darmleidens, so tritt derselbe nach mehreren Stunden
oder Tagen, unter den Erscheinungen der Perforation oder des Brandes
ein. Wird der Tod durch Einwirkung des Giftes auf die Organe der Cir-
eulation, der Respiration oder des Nervensystems herbeigeführt, so tritt
derselbe gewöhnlich in Zeit von einigen Stunden unter den Erscheinungen
von Krämpfen und Paralysen ein.
DIAGNOSE.
$. 380. Da die Kleesäure nicht leicht heimlich beizubringen ist, so
wird die Diagnose dieser Intoxikation und des Giftes meistens keine Schwie-
rigkeiten haben, um so weniger, als am Munde des Patienten meistens
Spuren von Verätzungen zu finden sind und die erbrochenen Massen äus-
serst stark sauer reagiren. Dazu kommt, dass die Kleesäure meistens den
Herzschlag in höchst auffallender Weise retardirt. Im Zweifel über ‘die
Natur des Giftes sind die noch vorhandenen Rückstände desselben und
die Ausleerungen des Vergifieten der chemischen Untersuchuug zu un-