Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

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Vergiftung durch Schlangenbiss. 335 
die Ottern und giftigen Amphibien im Lande zu tilgen *), kann als zum 
Ressort der Staatsarzneikunde gehörig hier füglich unerörtert bleiben. Die 
privatärztliche Prophylaxe kommt in Betracht, wenn eine ÖOlter eben ge- 
bissen hat, und wenn es darauf ankommt, der Verbreitung des Giftes 
von der Wunde in dem Körper Schranken zu setzen und den Körper 
gegen die Gefahren, welche das Gift im Gefolge hat, sicher zu stellen. 
Sie hat zur Aufgabe die Fortleitung des Gifts in den Lymphgefässen zu 
behindern, was durch schleuniges Aufseizen von Schröpfköpfen, sowie 
durch festes Anlegen von Ligaturen oberhalb der Bisswunde zu erreichen 
ist; sie hat ferner zur Aufgabe, das Gift in der Wunde selbst zu tilgen 
was durch sorgfältiges Aussaugen oder Auswäaschen mit Wasser, Essig, 
Urin, sowie durch Cauterisation mit dem Glüheisen, oder mit Aetzmitteln 
(Antimonbulter, Chlorzink, Aelzkali, Höllenstein u. dergl.), sowie endlich 
durch Ausschneiden der Bisswunde mit dem Messer zu erzielen steht. 
Ist trotz dieser Vorsicht, weil es zu spät war, oder bei mangelnder pro- 
phylactischer Behandlung dennoch die Intoxikation entstanden, so soll die 
curative Behandlung einzutreten, welche zur Aufgabe hat: 1) das in dem 
Körper eingedrungene Gift, so rasch wie möglich zu zersetzen, respeclive 
hinauszuführen ; 2) die durch das Gift bewirkten Leiden und Schäden wo 
möglich wieder auszugleichen und zu heilen; sowie endlich 3) die Resi- 
duen und Folgen der Vergiftung, wenn solche vorhanden sind, völlig zu 
heben. Was zur Lösung aller dieser Aufgaben zu thun ist, soll in Kürze 
hier angedeutet werden. Um das im Körper enthaltene Gift zu zersetzen, 
verordnet man dem Rathe erfahrener Aerzte folgend, das flüssige oder 
gasförmige Chlor, welches man bald in Form von Mixturen, bald in Kly- 
stieren und Inhalalionen zur Anwendung bringt. Um das Gift so rasch 
wie möglich hinauszuführen, reicht man bei mangelndem Erbrechen zu- 
nächst ein Brechmittel, und später, nach cessirendem Erbrechen die wirk- 
samen Eliminantien, als Calomel u. dgl., wenn man bei icterischer Färbung 
des Patienten das Leber-Darmsystem in Anspruch nehmen zu dürfen glaubt, 
oder aber Diuretiea und Diaphoretica, wenn man dafür hält, das Gift durch 
die Nieren oder die Haut fortschaffen zu können. Um die Leiden und 
Schäden auszugleichen und zu heilen, welche durch das Gift verursacht 
wurden, hat man dieselben sorgfältig zu erforschen und in passender Rei- 
henfolge mit den geeigneten Heilmitteln anzugreifen. Zur Beseitigung der 
Localintoxikation, welche mit der Schwellung des Gliedes aufgekommen 
ist, benutzt man bei Anzeichen von Entzündung des Zellstoffes, der Lymph- 
gefässe oder gar der Venen die gebräuchlichen Antiphlogistica, als Blut- 
egel in reicher Zahl, graue Quecksilbersalbe, Einreibungen von Olivenöl 
oder von anderen blanden Felten, sowie unter Umständen die Compres- 
sion durch Einwicklung, während man die Wirkung dieser Mijtel -durch 
innere Darreichung von Calomel zu unterstützen sucht. Sind die Anzeichen 
eines anderen pathologischen Zustandes oder Processes an dem lädirten 
Gliede vorhanden, so macht man je nach der Natur und Ausbreitung des- 
selben bald fleissige Einreibungen mit warmem Olivenöl, bald comprimi- 
rende Einwicklungen, bald Fomentalionen mit Chlorwasser, aromatischen 
Aufgüssen und anderen dem drohenden.oder bestehenden Leiden entge- 
gsenwirkenden Mitteln. Ist die Localintoxieation dahin gekommen, dass 
Abscesse, Fisteln, Geschwüre oder gar brandige Leiden bestehen, so hat 
man dieselben nach den Regeln und mit den Mitteln zu heilen, welche 
*) Dass die Schlangenverlilgung gerechifertigt ist, beweist Lenz ($S. 3) merkwür- 
digerweise aus der Bibel (1 Mose 3, 14). 
 
	        
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