342 Virchow, Zoonosen,
der Milch und durch directe Berührung. Die erstere Weise
hat Hertwig an sich selbst genauer experimentirt; er bekam, nach-
dem er täglich ein Quart frischer Milch zu nehmen angefangen halte, schon
am zweiten Tage gelindes Fieber, Ziehen in den Gliedern, Kopiweh, trock-
nen und heissen Mund und ein juckendes Gefühl an den Händen und Fin-
gern. Fünf Tage später schwoll die Mundschleimhaut und Zunge bedeu-
tend, und es entstanden Bläschen, die sich einige Tage vergrösserten,
endlich bersteten und dunkelroihe, langsam verschwindende Flecken zu-
rückliessen; zugleich war hefliger Durst und brennender Schmerz vorhan-
den. Die Bläschen an den Lippen vertrockneten zu dünnen, bräunlichen
Schörfen, die am 10. Tage nach dem Erscheinen abfielen. Auch an den
Händen und Fingern kamen. viele Bläschen zum Vorschein, die später
gleichfalls bersteten und vertrockneten. Zwei andere Aerzle, die gleich-
zeitig mit Hertwig experimentirten , litten auf gleiche Weise, nur fehlte
bei ihnen die Eruption an den Händen. Hildebrandt erwähnt vonKin-
dern, dass bei ihnen nach dem Genusse der Milch Erbrechen und Laxiren
eintrat. Leiziere Wirkung lässt sich freilich ohne speeifische Wirkung er-
klären, da die Milch auf der Höhe der Krankheit sauer ist (Raikem und
Lombard) ‘und sogar Eiterkörperchen enthält; schon Sagar hatte be-
obachtet, dass sie durch Hitze sofort gerinnt und fast ganz ihrer natürlichen
Süssigkeit enibehrt. Ob eine wirkliche Beimischung von Bläscheninhalt
vom Euter angenommen werden muss, wie Brosche meint, steht nicht
ganz fest; jedenfalls scheint man für die Beobachtungen von Hertwig
eine homologe Entwicklung der Krankheit beim Menschen zugestehen zu
müssen.
Die direete Contagion geschieht zuweilen durch den Geifer aus dem
Munde der Thiere, da Hildebrandt durch dessen Contact Aphthen-Erup-
ion auf der Mundschleimhaut, Augenenizündung, pemphigusähnliche Aus-
schläge auf wunden Hauistellen, ja Carbunkeln entstehen sah. Brosche
fand bei zwei Mägden eine Geschwulst der Finger und Zehen, auf denen
klare Bläschen, ganz ähnlich wie auf dem Euter der Kühe, mit denen sie
sich beschäftigt hatten, hervorbrachen. Im Ganzen waren die Zufälle in-
dess immer gelind und bedurften keiner weiteren Behandlung. Nur in ei-
nem sehr sonderbaren und in Beziehung auf die Krankheit des Thieres
nicht genau constalirten Falle von Nozeran (Journ. de la Soc. de med.
prat. de Montpellier 1842. Juin p. 81. Canstatt’s Jahresber. f 1842),
wo eine Frau ihre Brüste von einem kranken Lamme hatle aussaugen
lassen und unter lebhaften entzündlichen Erscheinungen warzenähnliche
Knoten an denselben aufschossen, musste die Exstirpation derselben ge-
macht werden.
WUTHKRANKHEIT UND WASSERSCHEU.
(Lyssa. Rabies canina. Hydrophobia).
Caelius Aurelianus, De morbis aculis et chronicis Lib. VII, Amstel. 1722. p.
218. (Lib. III cap. IX — XV). — Th. Bonet, Sepulchretum sive Anatomia
praclica. Lib. I. Sect. 8. Obs. 7.sq. — Stalpart van der Wiel, Obs. var. med.
anal. chir, Cent. I. Obs. 100. — Rich. Mead, Opera mediea. Gött 1749. T. 1.
p- 100. — van Swieten, Commentarii in Boerhaavii Aphorismos. Lugd. Ba-
tav. 1755. T. III p. 535. — Morgagni, De sedibus et causis morb. Epist. 8. art.
19 sq. Ep. 61. art. 9 sg. — Layard, Versuch über den tollen Hundsbiss. Aus
d. Engl. Leipz. 1778. — Vaughan, Cases and observations on the hydropho-
bia. Lond. 1779. (Sammlung auserles. Abhandl. Leipz. 1783. Bd. V. S. 3). —
R. Hamilton, Bemerkungen über die Mittel wider den Biss toller Hunde. Aus