370 Virchow, Zoonosen.
liche Aufregung schon früh mit leichteren oder schwereren Störungen der
Harnorgane. Für den Verlauf der Krankheit selbst hat aber gerade die
Erregung des Geschlechistriebes eine sehr grosse Bedeutung, indem durch
die Excesse, welche dadurch hervorgerufen werden, der Ausbruch der
Krankheit selbst beschleunigt wird.
3) Veränderungen der Schling-, Stimm- und Respira-
tionsorgane. In Verbindung mit der schon erwähnten Präcordialangst
findet sich eine eigenthümliche Erschwerung des Athmenholens, ein Ge-
fühl der Beklemmung, zuweilen ein dumpfer oder auch brennender Schmerz
in der Herzgrube; häufiges Seufzen oder wenigstens ungewöhnlich tiefe
Inspirationen unterbrechen die mehr oberflächlichen und ängstlichen
Aihembewegungen. Die Stimme ist etwas belegt, rauh oder heiser oder
etwas zitternd und abseizend. Im Halse, selbst im Nacken macht sich
ein Gefühl der Spannung oder Steifigkeit bemerkbar, das namentlich beim
Schlingen deutlicher hervortritt, dasselbe erschwert und gewöhnlich schon
früh mit allgemeinem Schauder oder Zunahme der Athemnoth begleitet ist.
Diese Erscheinungen sind um so auffallender, als sie meist nicht von
deutlichen anatomischen Veränderungen begleitet sind. Die Absonderung
im Munde und Schlunde ist meist vermindert, die Zunge trocken und mäs-
sig belegt.
4) Veränderungen des motorischen Apparates. Ausser
den oben erwähnten Störungen des Respirations- und Deglutitionsappara-
tes findet sich häufig eine grosse Schwäche und Hinfälligkeit, ein Ge-
fühl von Schwere, manchmal schon sehr früh begleitet von leichlem Seh-
nenhüpfen, ja von leichten convulsivischen Zuckungen, sowohl im Ge-
sicht, als in den Extremitäten. Die Herzschläge sind stark und etwas be-
schleunigt, der Puls vollund schnell. Zugleich besteht öfters eine sehr aus-
gesprochene cephalische Fluxion: Kopfweh, Hitze, Injection und Glanz
des Auges. Jedoch wechseln diese Erscheinungen häufig und mit Zu-
nahme der Angst wird das Gesicht mehr blass, die Augen trüb und malt,
der Herzschlag unregelmässig, der Puls schwach.
8. 31. Das Stadium irritationis s. hydrophobicum ent-
wickelt sich gewöhnlich durch eine allmälige Steigerung der Erscheinungen
des vorigen Stadiums, jedoch erfolgt der: eigentliche Ausbruch auch
ganz plötzlich, zumal wenn besondere Veranlassungen, heflige leidenschaft-
liche Erregungen, gröbere Diätfehler u. s. w. stallgefunden haben. Wie
beim Hunde, geschieht auch beim Menschen der Verlauf in einer Reihe
von Anfällen, welche nur dadurch verschieden sind, dass der erste nicht
nur nicht so überwiegend vor den anderen hervortritt, sondern dass ge- -
wöhnlich jeder folgende Anfall den früheren an Heftigkeit übertrifft.
Der Wuthanfall (Paroxysmus lyssodes) tritt zuweilen spontan,
am häufigsten auf äussere Veranlassungen ein. Meistentheils steigert sich
die Unruhe der Kranken immer mehr; die Angst wird quälender, die Ge-
müthssiimmung niedergeschlagener, während sich eine immer zunehmende
Hyperästhesie einstellt, welche die leisesten Einwirkungen auf die äussere
Haut, die Mund- und Respirationsschleimhaut mit der grössten Unbehag-
lichkeit empfinden lässt. Diese Hyperästhesie verbreitet sich bald über das
sanze Nervensystem und bedingt weiterhin sowohl spinale als cerebrale
(psychische) Reflexerscheinungen, deren Gemisch gerade die Eigenthüm-
lichkeit der schrecklichen Anfälle ausmacht. Es sind einerseits heftige
Krämpfe, die gewöhnlich aus leichteren Convulsionen sich zu klonischen,
ja zuweilen zu tonischen Krämpfen der gewaltigsien Art steigern, und die
desshalb bald mit Epilepsie, bald mit Teianus verglichen sind. Wir wer-