Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
  
  
  
  
388 Virchow, Zoonosen, 
ser man die specifischen Fermentkörper kennt, welche, wie es scheint, 
allen diesen Krankheiten zu Grunde liegen, um so mehr liegt es natürlich 
nahe, die an sich richtige Auffassung der letzteren als Erkrankungen des 
Blutes zu einer nichtssagenden, generellen Phrase zu erniedrigen, an 
welche sich mit vieler Bequemlichkeit eine ganze Menge von Nebenaflec- 
tionen anreihen lassen. So hat Delafond gezeigt, dass man unter dem 
Namen der Blutkrankheit oder des Milzblutes (mal de sang, sang 
de rate) bei Schaafen drei ganz verschiedene Krankheiten zusammenge- 
worfen hat, nämlich die eigentliche Blutkrankheit, den Milzbrand und die 
rothe Krankheit der Sologne, wobei sogar noch allerlei Toxikonosen durch 
Pilanzengifte in Betracht t komme n.. Von diesen ist nur der Milzbrand con- 
tagiös. Nicht unwahrscheinlich ist es, dass auch die „Blutkrankheit“ an- 
derer Thiere sich in ähnlicher Weise zeriheilen lässt, und wenn auch die 
Aufstellung von Bergmann, dass die sogenannie Ba oe heit eine 
Solanin-Vergiftung sei, durch Fraas (Arcl iv f. path. Anat. Bd. VI. S. 228) 
widerlegt ist, so dürfte es doch kaum zweifelhaft sein, dass wie man frü- 
her zu sparsam mit dem Begriff des Milzbrandes umging, so heutigen Ta- 
ges zu wenig vorsichtig in der Anwendung desselben verfahren wird. 
$. 44. Niemand hat mit so viel Gelehrsamkeit und wie es mir scheint, 
mit so viel Recht die Milzbrandformen auf eine gemeinschaftliche Quelle, 
nämlich dieMalaria zurückzuführen versucht, als Heusinger, dem man 
höchstens das vorwerfen möchte, dass er nicht consequeni genug war, 
und noch andere toxische Prineipien z. B. Pilzgifte zuliess. Bot geogra- 
phisch, als historisch schliessen sich die Epizoolie n des Milzbrandes an 
die Intermittentes an, und es hat gewiss viel für sich, ihre Enisteh- 
ung überall auf territoriale Schädlichkeiten hinzuleiten. Es ist weder ein 
besonderes Klima, noch ein bestimmter Breiten- oder Längengrad, noch eine 
gewisse Elevation über dem Meere, noch der allgemeine geolog sische Cha- 
rakter des. Landes, die ihr Vorkommen bestimmen, sondern überall ist es 
Intermittens-Gebiet, sei es nun sumpfiger, oder undurchlässiger, oder frisch 
gerodeter und gewendeter Boden oder was sonst für Ch araktere das Ma- 
laria-Terrain bezeichnen, auf dem der Milzbrand sich mit mehr oder we- 
niger Stätigkeit bewegt. Von hier aus kann er sich dureh Ansteckung 
propagiren oder je nachdem durch meteorologische u. a. Einflüsse das 
Malaria-Gebiet sich vergrössert, fortschreiten, allein ausserdem scheint er 
nirgends vorzukommen. Grosse Kälte beschränkt daher sein Vorkommen; 
Gewitter *), Nebel, überhaupt grosse Differenzen zwischen der Luft- und 
Bodenfeuchtigkeit begünstigen dasselbe. Nächstdem wird natürlich die in- 
dividuelle oder epizoolische Constitulion durch Nahrung und andere Be- 
dingungen begünstigt, was namentlich für Pflanzenfresser sehr ins Gewicht 
fällt, ad Kisr, muss besonders hervorgehoben werden, dass gerade kräf- 
tige Thiere mehr geneigt sind, in die Krankheit zu verfallen, als schlecht 
genährte, eine Erscheinung, die an die Geschichte der Typhen und Pe- 
sten lebhaft erinnert. Manche Arten von Wasser und Futter, namentlich 
sumpfiges, fauliges und brakiges Wasser, feuchtes, rostiges und schimmeliges 
Futter, nasse Ställe werden unter den erregenden Ursachen aufgeführt, und 
  
*) Dressler (Gurltu. Hertwig Magazin für die ges. Thierh, 1837. Bd. III, 2) 
macht bei. der Beschreibung einer in Ostpreussen 1835 vorgekommenen Epizootie 
die interessante Bemerkung, dass gerade den Gewittern, welehe keine Tempera- 
turveränderung brachten, ein grosses Gewicht beigelegt ra Diess würden nach 
Dove die Gasiätter sein, bei denen der äquatoriale Strom siegt, namentlich die 
aus Südost,
	        
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