394 Virchow, Zoonosen.
Beulen tritt dann oft ein Nachlass derErscheinüngen ein und es kann un-
ter günstigen Bedingungen die Genesung zu Stande kommen, indem das
Fieber schwindet, die Respiration rubiger wird und reichlichere Entleerun-
gen von Mist und Harn einireten*). Allein häufiger erhält sich das Fie-
ber in wechselnder Höhe, namentlich mit ungleicher Temperalurvertheilung
an der Körperoberfläche, die Beulen werden missfärbig, schwärzlich, koh-
lig und der Tod erfolgt dann meist unter iyphösen Zufällen. Insbesondere
sieht man gewöhnlich eine schnelle Verschlimmerung, wenn die Carbun-
keln schnell zusammenfallen oder ganz verschwinden. Auch in diesen pro-
trahirten Fällen geht die Dauer der Krankheit selten über die ersten 8 Tage
hinaus.
$. 53. Wir beschränken darauf unsere Mitiheilungen über diese
wichtige Krankheit, obwohl dieselbe sowohl bei den einzelnen Thieren,
als auch bei besonderen Complicalionen eine Menge von Besonderheiten
darbielet, die dem Thierarzte und zum Theil auch dem Gerichisarzte be-
kannt sein müssen. Indess wird das Mitgetheilte genügen, um die beim
Menschen vorkommenden Zufälle würdigen zu können. Für diejenigen,
welche sich genauer mit dem Gegenstande vertraut machen wollen, ver-
weisen ‚wir auf die Originalschrifisteller, insbesondere auf die srosse Mo-
nographie von Heusinger.
B. Die Carbunkelkrankheit beim Menschen.
$. 54. Obwohl das hohe Alter des Milzbrandes nicht bezweifelt
wird, da man schon gewisse Epizootien, welche in dem Pentateuch, in
der Ilias und bei Ovid beschrieben werden, dahin rechnet, so ist doch
die Erkenntniss der auf den Menschen übertragenen Formen sehr langsam
vorgerückl. Seit langer Zeit hat man die sibirische Blaller (Jaswa) ge-
kannt und von der blauen oder weissen Blatter (Wil) in Esihland gespro-
chen, und doch ist man erst in der neueren Zeit dahin gekommen, sie von
dem Milzbrande der Thiere abzuleiten**). Die Wege der Contagion sind
nicht so einfach, dass man ohne besondere Kenniniss ihrer Träger sie zu
erkennen vermöchle, und oft genug müssen wir uns mil der Wahrschein-
lichkeit begnügen, wo die Möglichkeit fehlt, der ganzen Reihe von Schäd-
lichkeiten, welche auf die Kranken eingewirkt haben, nachzugehen.
$. 55. Wir haben schon im Allgemeinen über den Sitz des Con-
tagiums in den Thieren gesprochen und dabei das Blut, die Milz, die
) So erwähnt Garreau (Canst. Jahresber, f.1851. Bd. VI. 8.14), dass von 4118 Rind-
viehstücken 112 am Milzbrandfieber (ohne Beulen) zu Grunde gingen, während
die übrigen 6, welche äusserliche Geschwülste bekamen , gerettet wurden. Von
58 erkrankten Pferden, von denen 19 keine Beulen hatten, wurden nur 16, die am
carbunculösen Milzbrand litten, hergestellt.
Ueber die Aleppo- Pustel streitet man noch immer, und ist nicht weiter, als dass
man sie zu denAnthrakoiden (Alibert, Ray'er) reehnet, oder geradezu als Car-
bunkel (Forbes, Hebra) bezeichnet Allein daraus folgt noch nicht, wie
Rigler (Wiener Med. Wochenschr. 1854, Nr. 28) behaupte!, dass ein dem Aleppo-
Knoten ganz gleicher Process auch bei den Pusstenbewohnern in Ungarn unter
dem Namen Pokolvar und bei nomadischen Völkern des Nordens als sibirischer
Carbunkel (Jaswa) vorkommt. Es zeigt sich vielmehr, dass man nicht so Un-
recht hatte, zwischen Anthrax und Carbunkel oder besser, zwischen Carbunkel und
Carbunkel ($. 69) zu unterscheiden.
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