410 . Virchow, Zoonosen.
gefärbt, stinkend, scharf, durch abgelöste und nekrotische Theile von
Schleimhaut, Knorpeln, Knochen ungleichmässig.
Zuweilen heilen die Rotzgeschwüre spontan und es entstehen dichte,
weissliche, schwielige, manchmal sternförmige Narben. Indess hört da-
mit der Prozess sellen auf. Während das eine Geschwür heilt, brechen
daneben andere Knoten auf, welche wieder erweichen und ulceriren, die
Schleimhaut durchlöchern und mit ihren ausgezackten, zerfressenen Rän-
dern grosse Flächen derselben unterbrechen.
$. 80. Die Wurmgeschwüre sind ungleich seltener. Auch sie
sitzen zunächst gewöhnlich getrennt oder gruppenweis (aufwerfender
Wurm), häufig durch harte, oft rosenkranzförmige Wurmstränge unter
sich oder mit den nächstenLymphdrüsen verbunden (reitender Wurm).
Später können sie gleichfalls confluiren. Durch die zähe, schleimige,
meist missfarbige, gelbbräunliche Flüssigkeit, welche sich aus ihnen er-
giesst und auf ihnen eintrocknet, werden die Haare verklebt. Löst man
die Krusten oder wäscht die Flüssigkeit ab, so kommen rundliche, un-
ebene Geschwüre mit aufgeworfenen oder umgestülpten Rändern und
unreinem, höckerigem Grunde zum Vorschein, von denen eine reichliche,
jauchige oder krümelige Masse abgesondert wird. Auch hier vernarben
zuweilen einzelne Geschwüre, während andereKnoten auftreten; ja manch-
mal verschwinden sogar einzelne Knoten ohne aufzubrechen, und es
kommen an andern Orten neue hervor (fliegender Wurm).
Auch in den Lungen und anderen Organen können die Knoten er-
weichen und aufbrechen, so dass dadurch eine Art ulceröser Phthise
herbeigeführt wird. Doch ist diess relativ weit seltener.
$. 81. Die Contagiosität von Rotz und Wurm ist natürlich
ebenso bestritten worden, wie jede andere Thatsache in der Mediein.
Indess erledigt sich diese Streitfrage sehr einfach dadurch, dass man,
wie schon erwähnt, den Begriff von Rotz und Wurm ungebührlich ausge-
dehnt und dass man ferner einzelnen negativen Erfahrungen einen zu
grossen Werth beigelegt hat. Seit den Versuchen von Viborg ist die
Sache ganz entschieden, und nur über die Qualität des Contagiums kann
noch gestritten werden. Insbesondere ist die Flüchtigkeit desselben
noch nicht hinreichend ergründet. Eine nicht geringe Zahl von Beobach-
tungen sprechen dafür, dass sich das Contagium auch in flüchtiger Form
verbreiten könne, indess sind diese doch keineswegs ganz zweifellos, da
die Wege der Verbreitung des Contagiums in fixer Form so mannichfal-
tige sind, dass eine andere Erklärung meistentheils nicht ganz ausge-
schlossen werden kann. Darf man daher die Flüchtigkeit des Rotzgifles
nicht ganz läugnen, so wird man sie doch als eine nur unter besonderen
Verhältnissen in ausgesprochener Weise hervortretende Eigenschaft zuge-
stehen können.
$. 82. Der gewöhnlichste Träger des Contagiums ist der Nasen-
ausfluss und die Absonderung der Wurmgeschwüre, allein es findet sich
auch in den noch geschlossenen Knoten und Beulen, im Blute und nach
den Versuchen von Viborg auch in den Absonderungssäften, z. B. dem
Speichel, dem Harn, dem Schweisse. Schon daraus würde man auf die
mehr chemische Natur desselben schliessen müssen, da es nicht wohl
denkbar ist, dass in alle diese Flüssigkeiten gröbere, körperliche Theile
übergehen können. B. Langenbeck hatte im Nasenausfluss eigenihüm-
liche Pilze gefunden, die er geneigt war, als Träger des Contagiums zu