Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

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Syphilisalion. 439 
den Tripper unleugbar allgemeine syphilitische Infection erfolgt. Aber das 
Reich der Möglichkeiten ist damit nicht erschöpft. Es ist auch denkbar 
und kommt gewiss nicht allzuselten vor, dass ein mit allgemeiner syphiliti- 
scher Dyskrasie behaftetes Individuum einen Tripper acquirirt. Kann in sol- 
chem Falle die Tripperinfection, die von einem solchen Individuum aus- 
seht, nicht leicht den Charakter und die Folgen der Schankerinfection 
annehmen? Wird nicht auf Ähnliche Weise die Syphilis durch die von, 
mit Syphilis behafteten, Kindern entlehnte Vaceine fortgepflanzt? 
$. 25. Fassen wir nun die Resultate der Impfversuche unter einem 
Brennpunkte zusammen, so sind es folgende: 
1) Haben sie bestätigt, obgleich das kaum nöthig war, dass es ein 
syphilitisches Virus gibt. 
2) Schankergift erzeugt in der Regel nur Schanker, Trippersecret nur 
Tripper; primitive Kondylome erzeugen bald Kondylome, bald Schanker- 
geschwüre. 
3) Ausnahmsweise erzeugt das in die Haut eingeimpfie Trippersecret 
die Schankerpustel, so wie der in die Harnröhre gebrachte Schankereiter 
Tripper. 
4) Ob man daraus auf eine Identität beider Contagien zu schliessen 
hat, oder ob Tripper- und Schankergift nur Modificationen eines und des- 
selben contagiösen Prineips sind, bleibt hypothelisch, da sich die gelegent- 
liche, dem Schankereiter analoge Wirkung des Tripperschleims auch auf 
andere Weise erklären lässt. 
5) Mehr als ein Schankergift gibt es nicht. Die verschiedenen Schan- 
kerformen entstehen aus einem Gifte und werden nur durch die Indivi- 
dualität und zufällige äusserliche Einflüsse modifieirt. 
6) Die früher von Hunter und neuerdings von Ricord und seiner 
Schule bestrittene Verimpfbarkeit der Seerete aus secundären Symptomen 
und somit die Contagiosilät der secundären Afleclionen überhaupt, ist durch 
gelungene Impfversuche von Wallace, Vidal, Waller, Richet, Bou- 
lay, Rinecker ausser Zweifel geseizt. 
7) Die Wirksamkeit der impfbaren Seerete — am Körper des Be- 
hafieten — dauert nur eine gewisse Zeit. Sie ist. am stärksten zu An- 
fang der Infection und wird allmählich schwächer, bis sie ganz aufhört. 
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Der Grund ist entweder der, dass das Secret allmählich an Virulenz ver- 
liert, oder dass allgemeine Infeetion zu Stande gekommen ist, vermöge 
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welcher das Gift begreiflicherweise seine localinfieirende Eigenschaft auf 
die einzelnen Theile des Organismus einbüsst, weil es nicht mehr als 
fremdarliger Reiz auf sie wirkt. 
Syphilisation. 
$. 26. Die Beobachlung, dass bei einer Reihe von successiven Im- 
pfungen die letzten mehr und mehr an Intensität verlieren und endlich 
gar nicht mehr haften, hat Auzias Turenne in Paris und Sperino*) 
in Turin auf den Gedanken gebracht, durch solche suecessive Impfungen 
mit primären Schankern behaftete Individuen zu syphilisiren, d. h. gegen 
constitutionelle Syphilis zu schützen, oder vielmehr durch wiederholte Ino- 
culation mit syphilitischem Gift schnell durch die. constitutionelle Syphilis 
hindurchzuführen. Nun kann es wohl gelingen, den Organismus durch oft 
  
*) La Sifilisazione studiata qual mezzo curalivo e preservativo delle malatti& venerece. 
Turin 1853. 903. S. 
  
 
	        
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