Allgemeine Diagnose. 451
nd- nen Umständen und Modifikationen mitgetheilt, dass wir uns über die Un-
mt. gleichheit und Unregelmässigkeit der Symptome und des Verlaufs gar
nicht wundern dürfen. Bisweilen wird es durch frische, genuine Schan-
a kergeschwüre übertragen, bisweilen durch solche, deren Gift durch die
ne ( Zeit oder irgendwelche Behandlung schon mitigirt und modificirt worden ist.
Ile Bisweilen durch secundäre Genitalulceralionen oder auch durch das vi-
rulente Genilalseeret mit allgemeiner Lues behafteler Individuen; bisweilen
wi durch laseive Küsse von unreinen Lippen, oder endlich auch auf indirekte
Ei Weise durch mit syphilitischem Gifte imprägnirle Zwischenträger, Tabaks-
ih pfeifen, Trinkgeschirre, Löffel u. Ss. W. Daher kommen die verschiedenen
nes Wirkungen eines und desselben Gilles, daher die Wandelbarkeit der pri-
Ei mären und secundären Symptome, ihre ungleiche Artung, ihr ungleicher
dor Verlauf, abgesehen von der Individualität, welche ihrerseits schwach auf
ee ein intensives Gift und stark auf ein miligirtes Gift reagiren kann.
0)
n
ie Diagnose der Syphilis im Allgemeinen.
ch- S. 45. Es gibt keine diagnostischen Merkmale, die allen syphiliti-
nd schen Krankheitsformen gemeinsam zukommen, daher auch keine allge-
\n- meine Diagnose der Syphilis, sondern nur der einzelnen Krankheitsformen.
1p- Darum ist schon die Diagnose der. primären Symptome schwankend und
ich unsicher, wenn wir nicht auf die Antecedentia Rücksicht nehmen. Die
wu- Form, die Artung, der Sitz eines primären Geschwürs entscheiden nicht
tö- allein über seinen syphililischen Charakter. Unschuldige Geschwüre kön-
en, nen „durch Unreinlichkeit, Vernachlässigung, durch reizende Behandlung
\a- ein verdächliges Gepräge annehmen, während umgekehrt eine scheinbar
nd { ganz unschuldige Excorialion, die von selbst oder beim Gebrauch indif-
eht ferenter äusserer Miltel wegheilt, erst in ihren Folgen den syphilitischen
lit. Ursprung zu erkennen gibt. Ebenso wenig hat die syphililische Entzün-
al- dung einen specifischen Charakter. Wenn z. B. Ad. Schmidt*) sagt,
ili- sie sei von beschränktem, umschriebenem Umfange, so hat schon Hun-
nd ter dagegen erinnert, dass sie diesen Charakter mit anderen, durch thie-
en. rische Conlagien erzeugten Entzündungen gemein habe. Die Menschen-
hr pocken und die Vaceine z. B. zeigen immer nur eine beschränkte, kreis-
'ol- förmige Röthe. Andererseits kann die syphiliiische Entzündung sich auch
ine
zu,
ur schwürs beschränken, dessen Wirkung sich nur auf die Inguinaldrüsen erstreckt
ler und dort eiternde Bubonen bildet. B. ist aber nicht der Meinung, dass die letz-
en, tere Schankerform pseudosyphiliiisch oder der falschen Vaceine oder auch der
ch Wirkung eines gemilderten syphililischen Giftes entspreche, wie Ricord und an-
{6 dere Syphilographen anzunehmen geneigt sind, sondern er nimmt die Existenz
zweier verschiedener Schankergifte an, und zwar aus vermeintlich historischen
Gründen. Nämlich die nicht indurirte Schankerform soll die vor dem Ausbruch
eue der Lustseuche von jeher vorgekommene sein, die auf den Infeclionsheerd be-
9): schränkt blieb. Die indurirte Schankerform soll dagegen die sein, welche erst
ok- Ende des 15. Jahrh. zum Vorschein kam und allgemeine Infeelion oder constitu-
Der tionelle Lustseuche nach sich zog. Das lässt sich aber nicht gut historisch be-
che { weisen, sondern beruht auf baarer historischer Phanlasie; denn die Wundätrzte,
ist namentlich des Mittelalters, sprechen ausdrücklich von den callösen, speckigen .
lie- Genitalgeschwüren, die dem sog. Hunter'schen Schanker auf ein Haar gleichen,
en, und Aerzte, welche zur Zeit des Ausbruchs der Lusiseuche lebten, wie z. B.
in- Almenar und Vella, bemerken ausdrücklich, dass die Genilalgeschwüre, auf
ınd welche der Morb. gall. folgte, ganz der Caries pudendorum oder den Carolis gli-
Fer chen, welche schon früher vorgekommen seien. (Vergl. darüber meine Antwort-
ulis schreiben auf Riecord’s Briefe Pag. 160 u. folg.).
Ge- *) S. dessen Vorles. über die syph. Krankheiten. S. 26;
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