Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

  
  
   
  
  
  
  
   
    
   
  
   
   
   
  
    
   
   
  
   
    
   
   
   
  
  
  
  
  
  
  
    
   
  
   
   
  
  
    
   
   
   
  
    
   
   
   
   
   
  
  
  
  
  
  
    
  
     
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Allgemeine Therapie. 455 
unsicher. Reinlichkeit, häufiges Waschen der Geschlechtstheile mit kaltem 
Wasser mag die Empfindlichkeit und Empfänglichkeit derselben für die An- 
steckung mindern; aber wahren Schutz gewährt es eben so wenig, als 
der Gebrauch adstringirender Waschmittel von Acet. Saturni, Alaun, Roth- 
wein, oder ätzender von Seife, Chlorwasser, Sublimatwasser, Alealien vor 
und nach dem Actus, oder endlich das Einölen oder Einsalben der Ge- 
schlechistheile. Der sog. Condom, ein Panzer gegen das Vergnügen, wird 
oft zur Spinnewebenhaut gegen die Gefahr der Ansteckung; er kann reis- 
sen und schützt nur einen Theil der Geschlechtstheile.. Die unmittelbare 
Caulterisalion etwaiger Wundstellen oder Excorialionen und Schankerbläs- 
chen nach dem Actus soll die Gefahr der Infection mindern oder ganz 
aufheben können, aber die Erfahrung lehrt, dass auch diese Cauterisalion 
vor den Wirkungen des syphilitischen Giftes nicht sicher schützt, da die- 
ses auch gleichzeitig auf andern Stellen ohne sichtlirh örtliche Wirkung 
resorbirt sein kann. Zudem entschliesst sich der Laye zu einer Cauteri- 
salion, wie sie Ricord zur Neutralisation des Giftes erforderlich hält, 
nämlich das ganze möglicherweise inficirle Gewebe in grösster Breite und 
Tiefe zu zerstören, nicht leicht. "Vollführt sie aber der Arzt, so kommt 
sie meist zu spät, weil der Patient gewöhnlich erst abwartet, wie der ersie 
unscheinbare Keim der Infeelion sich gestaltet. 
Il. Therapie. 
Allgemeine, für jede Behandlungsweise der Syphilis giltige Kurregeln. 
$. 52. Diese sind von guten und erfahrenen Aerzien jederzeit 
empfohlen und angewendet; aber so unerlässlich und nothwendig sie 
sind, haben doch selbst namhafte Aerzte (Hunter) sie gering geachtet. 
Es sind ihrer hauptsächlich vier: 
I. Strenge und knappe Diät. So schwer, besonders in der Pri- 
vaipraxis, diese Bedingung eines glücklichen Erfolgs jedweder Behand- 
lung, wegen äusserer Verhältnisse des Patienten, oft zu erfüllen ist, so 
darf sie doch am wenigsten umgangen werden, wenn die gleichzeitig an- 
gewendelen Mittel ihre gehörige Wirkung thun sollen. Laxe Grundsätze 
in dieser Hinsicht vereiteln leicht den Erfolg einer jeden übrigens noch so 
methodisch und consequent durchgeführten Behandlung. Die Diät muss 
in leichten Obst- und Milchsuppen, schwachen Fleischsuppen und leicht 
verdaulichen Vegetabilien bestehen; Fleischnahrung kann ganz entzogen 
werden oder muss sich auf wenig weisses Fleisch beschränken. Die 
Quantität des Brodes bestiimme man lotlhweise — 4 bis 6 Lolh täglich 
genügen — weil die Patienten oft meinen, sie dürfen durch Brod ersetzen, 
was ihnen an andern Speisen entzogen wird. Einige Rücksicht muss man 
auf das Alter-und die Constitution des Patienten nehmen; denen, die in 
gesunden Tagen eine sehr kräflige Diät zu führen gewohnt sind, darf man 
nicht alle substantielle Kost auf einmal entziehen. Wenn die Kranken 
schwach sind oder sich schwach fühlen, so kommt es darauf an, ob die 
Schwäche eine Folge entkräftender Kuren ist oder der syphilitischen Dys- 
krasie. In der Regel rührt ein bedeutender Verfall der Kräfte von beiden 
Momenten her, und man. muss daher solche Kranke weder sogleich einer 
zu angreifenden Kur noch einer zu knappen Diät unterwerfen. Eben so 
wenig sind aber deswegen stärkende Mittel und eine sehr nahrhafte Diät 
indieirt, wodurch oft mehr das Krankheitsgift als der Organismus an Stärke 
gewinnt. Es sind das überhaupt schwierige Fälle für die Behandlung; in 
der Regel aber kann man darauf rechnen, dass die Kräfte wiederkehren, 
wenn die angemessene antisyphilitische Kur nur durch eine milde, reiz-
	        
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