Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

   
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Quecksilber-Behandlung. 467 
noch immer, kunstgerecht und methodisch angewendet, das mächtigste 
Antidot der Syphilis, was, wie schätzbar und unentbehrlich auch manche 
Surrogate desselben sind, die syphilitische Dyskrasie am sichersten Lilgt. 
Wenn es auch in einzelnen Fällen seinem Rufe nicht zu entsprechen 
scheint, so liegt das öfter nur an der Gebrauchsweise, bisweilen an der 
Individualität des Kranken, auf welche das Metall in abnormer Weise wirkt, 
oder auch in einer, Gottlob, seltnen Unbezwinglichkeit der syphilitischen 
Dyskrasie. 
$. 77. Sichere und meist gründliche Heilung der Seuche, das ist der 
unleugbare Vorzug des methodischen Quecksilbergebrauchs vor allen an- 
deren Heilmethoden und Mitteln. Aber dieser Vorzug ist allerdings nicht 
ohne unangenehme Nebenwirkungen und Nachtheile, wenn diese auch 
durch eine besonnene und kundige Handhabung des Metalls wesentlich 
gemindert werden können. Der Speichelfluss z. B., der nicht immer um- 
gangen werden kann noch darf, ist ein qualvolles Leiden und verdirbt oft 
das Zahnfleisch und die Zähne selbst, bei manchen Individuen, zeitlebens. 
Eben so bleibt bei manchen Kranken, nach überstandener Mereurialcur, 
eine grosse Disposition zu Rheumatismus für längere Zeit zurück; sie be- 
kommen leicht rheumatisches Gliederreissen, Zahnschmerz, Kopfschmerz 
und Angin. Auch der Vorwurf, dass Mereurialeuren — freilich besonders 
unmelhodische und ungründliche — zu syphilitiischen Knochenkrankheiten 
Anlass geben, ist nicht ganz ungegründet. Dass man aus den Knochen 
von Individuen, die viel Quecksilber gebraucht hatten und bald darauf ge- 
storben waren, regulinisches Quecksilber ausgeschieden hat, lässt sich 
nicht in Abrede stellen, wenn eine solche Ablagerung auch nur bei sehr 
heruntergekommenen und lebensschwachen Subjeeten vorgekommen ist. 
Dahingegen ist das, was man gewöhnlich Mereurialkrankheit nennt, in der 
Regel nichts, als eine Complication von Syphilis mit Mereurialeachexie 
und sog. Mereurialgeschwüre, Mercurialbubonen, mereurielle Knochenlei- 
den sind meist nichts, als durch unzulänglichen oder unzweckmässigen 
Quecksilbergebrauch abgeartete Symptome der syphililischen Dyskrasie. 
Aber allerdings ist es ein nicht zu verkennender Nachtheil des Quecksil- 
bers, dass, wenn es die syphilitiische Dyskrasie nicht gründlich tilgt, son- 
dern nur temporär dämpft, ihre wiederausbrechenden Symptome dadurch 
bisweilen verschlimmert und bösarliger gemacht werden. Indem wir alle diese 
Nachtheile des Quecksilbergebrauchs zugeben, und dass manche syphililische 
Patienten zeitlebens dadurch zerrüttet worden sind; so müssen wir doch 
zugleich zu bedenken geben, dass ein methodischer Gebrauch des Metalls 
alle diese Nachtheile selten mit sich führt, dass nur die regellosen, auf 
unbestimmte Zeit hin fortgesetzten Mereurialeuren, namentlich die verwerf- 
liche Extinetionscur, häufig den Organismus zerrülten, ohne die Syphilis 
zu heilen. Das Quecksilber ist ein grosses, unschätzbares Mittel, aber 
auch, das vergesse man nie, ein gefährliches Gift, das man nicht auf Ge- 
rathewohl und nicht, wie leidernoch Ricord lehrt, vier bis sechs Monate 
hintereinander anwenden darf. Bei solcher, gar nicht zu rechtferligenden, 
Anwendungsweise können die empfindlichsten Nachtheile des Quecksilber- 
gebrauchs nicht ausbleiben. Davon werden wir noch ausführlicher zu 
sprechen Gelegenheit haben. 
Verschiedene Anwendungsweisen des Quecksilbers und 
verschiedene Präparate. 
$. 78. Die älteste Anwendungsweise des Quecksilbers ist die äus- 
serliche oder endermatische in Salbenform, die sich methodisch ge- 
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