492 Simon, Syphilis.
gesteckt; denn es bewährt sich, wenn auch nicht immer, gegen alle Formen
der Syphilis heilkräftig, selbst gegen hartnäckige primäre Geschwüre, wo
das Quecksilber nicht anschlägt, oder wo wir dessen Wirkung nicht bis
auf die äusserste Spitze treiben wollen. Wir wollen daher keinen geta-
delt haben, der sich vorzugsweise des Jodkali bedient, wenn er nur ein-
räumt, dass es nicht überall hilft und nicht von allen Individuen vertra-
gen wird. Nach unserer Erfahrung können wir nur sagen, dass viele In-
dividuen nur durch Quecksilber, manche nur durch Jodkali am besten und
sichersten hergestellt werden. Wollen wir aber den Wirkungskreis des
Jodkali auf gewisse Formen und Abartungen der Syphilis beschränken,
dann werden wir auf manche Ausnahmen stossen. Wir werden pustulöse
und tuberculöse Hautausschläge, Hals-, Mund- und Zungenschwüre und
selbst Ozänen bisweilen mit Jodkali heilen, eben so oft aber auch nichts
damit ausrichten, wie uns das selbst begegnet ist. Am heilkräfligsien, wie
wir schon oben bemerkt haben, wirkt das Jodkali auf die durch vorgängi-
gen Quecksilbergebrauch modifieirte Syphilis; hier können wir fast mit Si-
cherheit auf seine Heilkräftigkeit rechnen. Wir möchten das fast als Re-
gel aufstellen, wenn wir nicht unangenehme Ausnahmen erfahren hätten.
Schon Wallace, der erste und grösste Lobredner des Jodkali, der es
gegen alle Formen und Symptome der Syphilis anwendelte, erzielte nicht
immer gleich günstige Resultate, und Moij’ssisovics, der ebenfalls die
Syphilis fast nur durch Jodkali heilen will, hat, wie er sagt, die sonder-
bare Erfahrung gemacht, dass die Jodmittel zu gewissen Zeiten eine bei-
nahe unglaubliche Wirksamkeit äusserten und in gewissen Epochen bei-
nahe wirkungslos blieben.
Von eigentlichen Krisen haben wir beim Gebrauch des Jodkali nichts
bemerken können. Der rothe, masern - oder frieselähnliche Ausschlag
und der seltnere Speichelfluss, sind pathologische Erscheinungen , aber
keine Krisen, als welche sie Moij’sisovics angesehen haben will. Eben
so wenig haben wir merklich vermehrte Harnsecretion und Stuhlgang oder
reichlichen Schweiss bemerken können, der bisweilen dabei stattfinden
soll. Ob solche Erscheinungen bei Kranken, die das Bett hüten, wie
Moij’sisovies will, vorkommen, wissen wir nicht, weil wir die Kranken
nur mässig warm, aber nicht im Bette gehalten haben. Wir haben nur
gesehen, dass, wo das Jodkali gut anschlägt, seine heilsamen Wirkungen
sehr bald eintreten und die Symptome, seien dies nun Ausschläge, Ge-
schwüre oder Knochenschmerzen, sich sehr bald bessern, Esslust und
Kräfte bald wiederkehren, so dass man den Gebrauch des Jodkali selten
über 4 bis 6 Wochen fortzusetzen nölhig hat, da die sichtlichen Krank-
heitssymptome gewöhnlich schon in den ersten Wochen zurückgehen. Man
thut aber wohl, die Kur wenigstens 14 Tage nach dem Verschwinden der
Symptome fortzusetzen, wenn die pathologischen Wirkungen des Mittels
nicht eine frühere Abbrechung der Kur nothwendig machen, um die syphi-
liiische Dyscrasie wo möglich gründlich zu tilgen. Wallace betrachtet
den Organismus gesältigt mit dem Mittel, sobald im Harne die Hydrojod-
säure durch chemische Reagentien nachweisbar ist, und räth deswegen
während des Jodgebrauchs stets den Harn zu untersuchen; wir glauben
kaum, dass dies für den Erfolg der Kur maassgebend ist, da diese Wir-
kung auf den Urin oft sehr bald eintritt, und halten es für gerathener, die
Kurzeit nach der Wirkung des Mittels auf die syphilitischen Symptome
zu modifieiren. Schliesslich müssen wir mitHacker erinnern, dass auch
der Gebrauch des Jodkali, wenn er heilsam sein und gut vertragen wer-
den soll, mit den vier, früher angegebenen Hauptbedingungen einer jeden