Full text: Intoxicationen, Zoonosen und Syphilis (2. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
  
  
      
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
496 Simon, Syphilis. 
pers schon nach 24 Stunden, bisweilen erst nach 14 Tagen, drei Wo- 
chen und noch später. Wir haben unzweifelhafte Fälle eines so langen 
Ineubationsstadiums gesehen, obgleich sie von manchen Aerzten geleug- 
net werden, und Ricord, der, wie Pauli, Hacker und Andere, gar 
kein besonderes Trippervirus statuirt, von gar keiner Incubation wis- 
sen will. 
Der Tripper hat ferner, wie jede andere contagiöse Krankheit, sein 
Stadium Invasionis, Inerementi, Acmes und Deerementi. Einfacher und 
kürzer kann man ein Stadium aeutum und chronicum annehmen. Im Stad. 
invas. bemerkt der Pat. eine kitzelnde Empfindung an der Mündung der 
Harnröhre und in der Fossa navicularis, die sogar oft wieder zum Bei- 
schlaf reizt. Die verstärkte Absonderung von Harnröhrenschleim verklebt 
die Mündung der Harnröhre und beim Uriniren zeigen sich kleine Schleim- 
flocken im Urine. Einige Tage später, im Stad. increm., verwandelt sich 
der Kitzel in ein schmerzhaftes, spannendes Gefühl von der Eichel bis in 
die Inguinalgegend, das Perinäum und die Hoden; das Uriniren wird 
schmerzhaft, es stellt sich häufiges Harndrängen ein und vermehrte Schleim- 
absonderung, so dass sich Flecke im Hemde zeigen. Im Stad. Acmes, 
was gegen den achten Tag eintritt, nehmen alle diese Symptome an Hel- 
tigkeit zu, die Mündung der Harnröhre erscheint geschwollen und roth, 
das Secret wird eiterschleimig, gelbgrünlich, der Schmerz in der Fossa 
navic. brennend, besonders beim Harnlassen unerträglich. Dazu gesellt 
sich öfter ein unbehaglicher, fieberhafter Zustand, die Nächte sind unru- 
hig und der Schlaf wird durch äusserst schmerzhafte Ereetionen, biswei- 
len selbst durch Pollutionen gestört. Der Eiterschleim fliesst namentlich 
am Tage copiös, manchmal tropfenweise aus der Harnröhre. Dies schmerz- 
hafte Stadium dauert bis zum 1l4ten bisweilen bis zum 21sten Tage; dann 
verliert sich die Entzündung und der Schmerz mehr und mehr, und es 
tritt das Stad. deerem. ein, wo das Secret wieder weiss und schleimig 
wird und an Menge abnimmt. Die Schleimabsonderung, mit wenig oder 
gar keinem Schmerz mehr verbunden, dauert bis zur Ende der 4. oder 6. 
Woche, bis die Mündung der Harnröhre, wie zu Anfang, nur verklebt 
erscheint, und verschwindet manchmal von selbst. Gewöhnlich aber zieht 
sich dieses Stadium ohne Kunsthülfe, als Schleimtripper oder sog. Nach- 
tripper, sehr in die Länge. 
8. 127. ‘Das wäre der gewöhnliche, normale Verlauf des Trippers. 
Er verläuft aber nicht immer so gutartig und einfach, sondern mit man- 
cherlei Abweichungen, deren es, genau genommen, drei gibt. 
1) Der synochale oder phlegmonöse Tripper. Das erste Sta- 
dium verläuft rascher, der Schmerz ist heftiger, die Entzündung beschränkt 
sich nicht auf die Schleimhaut der Harnröhre, sondern dringt tiefer in das 
Parenchyma der Eichel und des ganzen Gliedes; der entzündliche Schmerz 
zieht durch die ganze Harnröhre bis in das Mittelfleisch, so dass die Pat. 
nicht sitzen können. Die Eichel ist dunkelroth und angeschwollen, ebenso 
das ganze Glied, an welchem sich in Folge von Entzündung der Corp. 
cavern. und Erguss von plastischer Lymphe einzelne harte Stellen bilden. 
Letzteres gibt zur sog. Chorda Anlass, wo das Glied sich bei der Erec- 
tion abwärts, bisweilen aufwärts und seitwärts krümmt. Der Urin geht in 
einem dünnen Strahl bisweilen nur tropfenweise ab, unter starkem Drän- 
gen und den heftigsten Schmerzen, oder es tritt auch völlige Ischurie ein. 
Der Ausfluss ist blutgestreift, missfarbig, jauchig, selbst schwärzlich und 
übelriechend, was zur Benennung: schwarzer oder russischer Trip- 
per Anlass gegeben hat; oder der Ausfluss stockt ganz, wegen der hefti-
	        
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